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Manuel Gräfe gegen DFB – hat die Klage gegen die Altersgrenze Erfolg?

Manuel Gräfe gegen DFB – hat die Klage gegen die Altersgrenze Erfolg?

Manuel Gräfe darf in der kommenden Saison nicht mehr als Fußballschiedsrichter im Profifußball auf dem Platz stehen. Der bestbenotete Referee der abgelaufenen Bundesligasaison 2020/2021 (Kicker-Note: 2,09) hat die vom DFB aufgestellte Altersgrenze von 47 Jahren erreicht und muss deshalb, trotz selten gesehenen Lobhudeleien einiger Spieler und Trainer, seine aktive Karriere beenden, wobei er keinen Hehl daraus gemacht hat, dass er gerne weitergepfiffen hätte. (Foto: IMAGO / Martin Hoffmann)

Bei einem Interview vor circa 3 Wochen hat er nun verraten, dass er gegen die aus einer vor langen Zeit erlassenden Richtlinie des Deutschen Fußball Bundes stammende Altersgrenze, wovon auch seine beiden Kollegen Guido Winkmann und Markus Schmidt betroffen sind, eine Klage wegen Altersdiskriminierung einreichen werde, deren Eingang der DFB nun am 09.07.2021 auch bestätigte. Dabei hat er auch betont, dass er keine Wiedereinsetzung in den Spielbetrieb bezwecke und im Falle einer erfolgreichen Klage nicht wieder als Schiedsrichter fungieren werde.

Liegt eine Altersdiskriminierung aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor?

Das AGG zielt nämlich nach seinem § 1 darauf ab, Benachteiligungen, genauer gesagt „weniger ungünstige Behandlungen“ (§ 3 Abs. 1 AGG), unter anderem aus Gründen des Alters zu beseitigen. Sanktioniert werden soll grundsätzlich jede direkte Anknüpfung an das Lebensalter. Die Altersgrenze des DFB könnte zum Beispiel gegen das in § 7 Abs. 1 AGG verankerte Benachteiligungsverbot verstoßen. Dann müssten Schiedsrichter „Beschäftigte“ im Sinne des § 6 Abs. 1 AGG sein, um in den Anwendungsbereich des AGG zu fallen.

Schiedsrichter sind keine Arbeitnehmer des DFB im Sinne des § 611a Abs. 1 BGB

Diesbezüglich hat allerdings das LAG Hessen (Urteil vom 15.03.2018, 9 Sa 1399/16) bereits entschieden, dass Schiedsrichter keine Arbeitnehmer wären, da es sich bei den zwischen ihnen und dem DFB geschlossenen Schiedsrichtervereinbarungen um Rahmenvereinbarungen handeln würde, und die Parteien mit der Schiedsrichtervereinbarung kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB begründet hätten. Die Schiedsrichter wären nicht in den Betrieb des DFB eingegliedert und würden ihre Tätigkeiten unabhängig von Weisungen des Verbandes erbringen, da die Rahmenvereinbarung lediglich die die Einzelheiten künftig abzuschließender Einzelverträge für die jeweiligen Spielleitungen regeln, selbst aber noch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründen.

In einem anderen Verfahren hatte der I. Senat des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 20.12.2017, I R 98/15) ebenfalls die Arbeitnehmereigenschaft von Fußballschiedsrichtern abgelehnt und sie als selbständig Tätige klassifiziert.

Zwar spricht für eine Weisungsgebundenheit, dass Schiedsrichter über seine Einsatzzeit- und -Ort, nicht frei verfügen kann, da sie sich an die Spielansetzung des DFB und den für das Spiel geltenden Vorgaben halten müssen. Auf der anderen Seite steht es ihnen frei, die Spielansetzungen anzunehmen, weshalb eher davon auszugehen ist, dass sie weiterhin nicht als Arbeitnehmer gelten.

Arbeitnehmerähnliche Personen aufgrund einer wirtschaftlichen Abhängigkeit vom DFB

Schiedsrichter könnten jedoch als Beschäftigte nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG gelten und so in den Anwendungsbereich des AGG gelangen, indem sie als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen wären. Laut einer PM-Schiedsrichterhonorare vom DFB erhielt ein Bundesligaschiedsrichter in der Saison 2018/2019, unabhängig von den Honoraren, die er pro Einsatz bekommt, ein Grundhonorar in Höhe von 60.000 Euro. Unter Zugrundelegung dieser Werte, hätte Gräfe allein für seine 17 Einsätze in der 1. Bundesliga in der Saison 2020/2021 circa 145.000 Euro verdient.

Laut Statistischem Bundesamt betrug das Durchschnittseinkommen eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers im Jahr 2020 3.975 Euro brutto, also etwas weniger als 48.000 Euro, sodass die Vergütungen des DFB für die Schiedsrichter, auch bei Ausübung eines anderen Berufs, eine hohe Einkommensquelle und damit eine entscheidende Existenzgrundlage darstellen.

Die Altersgrenze ist nicht angemessen

Nach § 8 Abs. 1 AGG kann eine unmittelbare Benachteiligung durch eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters zulässig sein, wenn das Alter wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Die Sicherstellung, dass ein Bundesliga-Schiedsrichter die nötige körperliche Fitness mitbringt, um auf dem Niveau zu pfeifen, ist eine wesentliche und entscheidende Anforderung, ohne die es nicht möglich ist, ein Profifußballspiel zu leiten, sodass eine Altersgrenze durchaus einen legitimen Zweck darstellt, da sie für die Teilnahme an Wettkämpfen elementar ist. Zwar gehören Regelkunde und die Persönlichkeit ebenfalls zu den unabdingbaren Eigenschaften eines Fußballschiedsrichters, allerdings müssen auch sie in jedem Spiel mindestens 90 Minuten lang auf Ballhöhe sein und sich daher vor allem konditionell auf einem absoluten Top Level bewegen, was die regelmäßig für die Schiedsrichter verpflichtend stattfindenden Trainingseinheiten und Leistungstests untermauern.

Doch genau hier liegt die Krux. Das Alter hat unstreitig grundsätzlich negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper und seine Leistungsfähigkeit und sind daher untrennbar miteinander verknüpft. Allerdings dienen ja gerade die Leistungstests dazu, die körperliche Fitness zu prüfen und eine Bewertung dahingehend vornehmen zu können, ob die Leistungsfähigkeiten nach wie vor den Anforderungen an der Spielleitung eines Bundesligaspiels genügen, um dementsprechend zu performen. Auch das im zunehmenden Alter sich erhöhende Verletzungsrisiko wird in der Praxis durch gezielteres und medizinisch an den jeweiligen Körper angepasstes Training sowie durch regelmäßige Behandlungen (Physiotherapeut) vorgebeugt. Zudem können heutzutage zahlreiche neue Methoden viel aufschlussreichere Daten darüber bieten, als es noch zum Zeitpunkt der Einführung der Altersgrenze der Fall war.

Welche rechtlichen Folgen ergäben sich aus einem ungerechtfertigten Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG?

Aus § 15 Abs. 1 AGG könnte sich ein Schadensersatzanspruch ergeben. Hierfür müsste Manuel Gräfe allerdings darlegen, dass er ohne die Altersgrenze für die kommende Saison als Bundesliga-Schiedsrichter eingesetzt worden wäre und ihm dadurch die Vergütungen nicht erhalten kann. Doch genau an diesem Erfordernis dürfte der Schadensersatzanspruch scheitern, da der DFB die Rahmenvereinbarungen mit den Schiedsrichtern jährlich abschließt und seine Entscheidung abhängig von den Leistungen der bisherigen Saison, dem Bestehen der verschiedenen Tests sowie weiteren Kriterien trifft. Einen durchsetzbaren Anspruch darauf, für die kommende Saison auf die Schiedsrichterliste gesetzt zu werden, hat kein Schiedsrichter, und damit auch Manuel Gräfe nicht, da es letztendlich eine Ermessensentscheidung des DFB ist.

Fazit

Die Altersgrenze des DFB ist in diesem Zusammenhang nicht mehr zeitgemäß und stellt nach der hier vertretenen Ansicht unzulässige Altersdiskriminierung dar. Die UEFA hat sogar für die EM 2020 von Ihrer Altersgrenze von 45 Jahren eine Ausnahme gemacht haben und den 48-jährigen Schiedsrichter Björn Kuipers eingesetzt, ihm überdies die Leitung des Finalspiels übertragen.

Die Klage von Manuel Gräfe dürfte dennoch wenig Aussicht auf Erfolg haben, da die Darlegung etwaiger Ansprüche nicht gelingen werden dürften. Das Verfahren wird dennoch einen erheblichen Druck auf den DFB ausüben, vor allem dann, wenn eine unzulässige Altersdiskriminierung festgestellt wird. Eine Abschaffung der Altersgrenze wird der DFB freilich nicht vornehmen, allerdings erscheint eine Erhöhung der Altersgrenze im Bereich des Möglichen und des Wahrscheinlichen.

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