Jedes Turnier hat seine Überraschungsteams
Es gibt zahlreiche Beispiele für Mannschaften, die sich gegen alle Widerstände durchgesetzt haben, ohne das Turnier zu gewinnen. Man denke an Marokko bei der Weltmeisterschaft in Katar, Dänemark bei der Euro 2020, Wales und Island bei der Euro 2016, die Türkei bei der Euro 2008, Kroatien bei der WM 2018, Costa Rica 2014, Uruguay 2010 in Südafrika und Südkorea, die Türkei und Senegal 2002.
Griechenland und Dänemark schafften sogar das Wunder und gewannen am Ende eine Europameisterschaft. Doch wer könnte bei dieser EM-Endrunde für eine Überraschung sorgen? Wir stellen euch unsere möglichen Überraschungsteams vor, die niemand unterschätzen sollte und die vielleicht sogar am Ende ebenfalls den Titel holen.
🇭🇺 Ungarn
Ungarn könnte bei der Euro 2024 für eine Überraschung sorgen. Sie haben ihre Qualifikationsgruppe ohne Niederlage gewonnen und in ihren acht Spielen 16 Tore geschossen und nur sieben kassiert. Sie verfügen zwar über wenige Stars, darunter Dominik Szoboszlai, der für magische Momente sorgen kann, oder Abwehrboss Willi Orban, doch funktionieren als Kollektiv gut.
Die Ungarn haben in der Qualifikation zur Euro 2024 mehr Tore aus Elfmetern erzielt (sieben) als jede andere Mannschaft, obwohl sie nur acht Spiele bestritten haben (18 Mannschaften spielten 10 Spiele), und das sollte sie zu einem gefährlichen Gegner machen. Denn oftmals wussten sich die Gegner nur durch unfaire Mittel zu wehren.
Ungarn wird auch niemanden fürchten und brauchte daher nicht unbedingt ein leichtes Los. In der Nations League 2022 schlugen sie zweimal England - darunter ein 4:0-Auswärtssieg - und erreichten zu Hause ein Unentschieden und auswärts einen Sieg gegen Deutschland.
Der Start in das Turnier ging dagegen die unangenehmen Schweizer mit 1:3 verloren, was es nun umso schwerer machen wird die Gruppenphase zu überstehen. Dennoch haben sie in der Qualifikation bewiesen, wie man große Teams schlägt und daher wollen wir nicht ausschließen, dass sie bei einem Sieg gegen Schottland und einem Remis gegen Deutschland doch noch ins Achtelfinale einziehen.
🇦🇹 Österreich
Ralf Rangnicks Ruf mag durch seinen gescheiterten Einsatz als Interimstrainer von Manchester United gelitten haben, aber er hat als Trainer von Österreich bisher gute Arbeit geleistet. In ihrer Qualifikationsgruppe für die Euro 2024 lagen sie nur einen Punkt hinter Belgien an der Spitze und beeindruckende neun Punkte vor dem Endrunden-Stammgast Schweden. Sie sind auch zu großen Leistungen fähig, wie beim 6:1-Sieg gegen die Türkei in einem Freundschaftsspiel zu Beginn dieses Jahres.
Rangnick ist für sein Pressing bekannt, denn er hat lange Zeit für das Red-Bull-Netzwerk gearbeitet, dass genau seine Art von energiegeladenem Fußball spielt. Er hat versucht, diesen Stil mit Österreich zu kopieren, indem er den Kader aus Spielern zusammengestellt hat, die entweder bei Red Bull Salzburg oder Leipzig spielen oder gespielt haben, darunter Konrad Laimer, Christoph Baumgartner und Kapitän Marcel Sabitzer.
Für die Gegner ist es in der Regel schwierig, die Österreicher Abwehr zu durchbrechen. Zudem war ihre defensive Spielweise in der Qualifikation äußerst effektiv. Sie erlaubten ihren Gegnern nur 20 Torschüsse, eine Zahl, die nur England (9), Spanien (15), Portugal und Frankreich (beide 17) zu unterbieten wussten.
Zwar verloren die Mannen von Rangnick das erste Spiel gegen Vizeweltmeister Frankreich, jedoch verkauften sie sich teuer. Die Franzosen entschieden das Spiel lediglich durch ein unglückliches Eigentor und kamen am Ende mit einem blauen Auge davon. Sollten die Eidgenossen in ihren nächsten Partien genauso auftreten, dann sollte die Gruppenphase trotz alledem gemeistert werden.
🇩🇰 Dänemark
Dänemark hat es vor drei Jahren bis ins Halbfinale geschafft, wo sie nur durch einen Abpraller von Harry Kane nach einem verschossenen Elfmeter besiegt wurden. Es wäre also keine Überraschung, wenn sie es noch einmal soweit schaffen würden, da der Kader dieses Mal qualitativ besser besetzt ist, als die Jahre zuvor.
Mit Rasmus Højlund, Jonas Wind, Christian Eriksen und - ja - Pierre-Emile Højbjerg haben sie einige große Namen, die für Tore sorgen könnten, und auf der anderen Seite des Spielfelds haben sie eine starke Abwehr. In der Qualifikation kassierte man nur 0,49 Gegentreffer pro Spiel - der drittniedrigste Wert nach Portugal (0,4) und England (0,43), die beide zu den Favoriten auf den EM-Sieg zählen.
Da sie immer noch mit der gleichen Fünferkette spielen, mit der sie bei der Euro 2020 so gut abgeschnitten haben, werden sie auch dieses Mal wieder ein starker Gegner sein, wenngleich der Auftakt gegen Underdog Slowenien mit einem 1:1 Remis nicht optimal war.
🇨🇿 Tschechien
Die Tschechische Republik hat eine Menge europäischer Erfahrung, aber in Wahrheit ist sie eine unbekannte Größe bei diesem Turnier. Sie haben den jüngsten und unerfahrensten Kader aller Mannschaften bei der Euro 2024.
Die Tatsache, dass sie nicht über viele Spieler mit viel Turniererfahrung verfügen, bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass sie dem Druck nicht gewachsen sind. Griechenland hat die Euro 2004 gewonnen, obwohl es die erste EM-Teilnahme seit 24 Jahren und erst das zweite große Turnier in dieser Zeit war, nachdem es auch an der Weltmeisterschaft 1994 teilgenommen hatte, bei der es in der Vorrunde ausschied.
Mit Patrik Schick von Bayer Leverkusen, der bei der Euro 2020 fünf Tore erzielte, und Tomás Soucek von West Ham hat die Mannschaft zwar zwei absolute Leader. In den acht Qualifikationsspielen - darunter vier Partien gegen die Färöer-Inseln und Moldawien – wurden lediglich 12 Tore erzielt, sodass sie sich auf ihre gute Abwehr verlassen mussten.
Obwohl Patrick Schick dem Team sehr lange fehlte, schaffte die Truppe von Trainer Ivan Hasek die Qualifikation für Deutschland. Nun darf sie sich auf den Einsatz des Leverkuseners freuen, und wird daher auch offensiv eine wichtige Waffe mehr bekommen. Zudem ist die Gruppe mit Portugal, Türkei und Georgien durchaus machbar. Die K.O-Runde ist also absolut drin.
🇷🇴 Rumänien
Im Vorfeld der Europameisterschaft verloren die Rumänen kein einziges der letzten 11 Länderspiele mehr, außer ein Freundschaftsspiel gegen Kolumbien ging mit 2:3 verloren. Allerdings war auch keine einzige Topnation unter den Gegnern. Der härteste Prüfstein stellten die Schweizer dar. Die Qualifikation wurde mit sechs Siegen und vier Unentschieden souverän als Gruppenerster abgeschlossen.
Rumänien hat die Ukraine bereits mit einem 3:0-Sieg in München überwältigt und damit den zweiten Sieg bei einer Europameisterschaft überhaupt errungen. Kapitän Nicolae Stanciu und Razvan Marin trafen jeweils aus der Distanz, Denis Dragus sorgte mit einem weiteren Treffer für den höchsten Sieg Rumäniens bei einem großen Turnier und den perfekten Start in die EM 2024 in Gruppe E.
Die Mannschaft von Edward Iordănescu hatte in der Partie nur 29 % Ballbesitz, der niedrigste Wert, den eine Mannschaft bei der EM je erreicht hat (seit 1980). Dennoch schaffte sie aufgrund ihrer stabilen Defensive und ihrer Effektivität die unangenehme Nationalmannschaft aus der Ukraine klar mit 3:0 zu besiegen.
Bereits in der Qualifikation kassierten die Rumänen nur fünf Tore in zehn Partien und demonstrierten, dass sie eine sehr kompakte Mannschaft sind, die schwer zu knacken ist. Könnte dieses defensive Bollwerk der Schlüssel für die K.O.-Runde werden? Die Chancen stehen auf jeden Fall sehr gut.