Gerne wird behauptet, dass es im deutschen Profifußball kaum noch „echte Typen“ gibt. Sandro Wagner, der in der Bundesliga über zehn Jahre gespielt hat, auch für den FC Bayern, ist so einer.
Nach seinem Karriereende 2020 wurde der Stürmer TV-Experte. In dieser Funktion erntet der 35-Jährige von allen Seiten viel Lob, eckt aber auch mal an, so wie es in seiner aktiven Zeit oft der Fall war. Doch Sandro Wagner hat einen klaren Plan, der ihn als Trainer in die Bundesliga führen soll. Dort hatte er sich als Spieler irgendwann etabliert. (Bild: IMAGO / Martin Hoffmann)
Aber die Karriere von Sandro Wagner war begleitet von vielen Höhen und Tiefen. Als junger Profi schaffte er nicht den Durchbruch bei seinem Jugendverein. Es waren aber die Bayern, bei denen damals Stars wie Luca Toni und Miroslav Klose im Angriff spielten.
Nach über 10 Jahren kam Sandro Wagner für den FC Bayern in der Bundesliga zum Einsatz. Er wurde in Leverkusen für Franck Ribery eingewechselt, genauso wie beim bis dahin letzten Bundesligaspiel von Wagner für den FC Bayern, am 2.September 2007 in Hamburg. pic.twitter.com/6gmm2gwpCD
— Stern des Südens (@NURderFCB1900) January 15, 2018
Es folgten eher durchwachsene Stationen in Bremen, beim 1. FC Kaiserslautern und in Berlin, bevor er 2015 zum damaligen Aufsteiger Darmstadt 98 wechselte. Dort konnte Sandro Wagner überzeugen und schoss in der Saison 2015/16 insgesamt 15 Tore. Auch seine anschließende Zeit in Hoffenheim war durchaus erfolgreich.
Der Stürmer schaffte es sogar in die Nationalmannschaft und wurde mit dem DFB-Team 2017 ConfedCup-Sieger. Auch seine Quote im Nationaldress von fünf Toren in sieben Partien kann sich durchaus sehen lassen. Trotzdem wurde Sandro Wagner nicht für die WM in Russland nominiert, obwohl er damals laut ihm „der beste Stürmer in Deutschland“ war.
In der Bundesliga reichte es schließlich bei den Bayern zum Backup für Robert Lewandowski, doch spätestens unter Niko Kovac wurde Sandro Wagner einfach nicht glücklich in München. Bei seinem Jugendverein, den er anschließend bei Tianjin Teda in China repräsentierte.
Sandro Wagner wurde offiziell bei seinem neuen Arbeitgeber Tianjin Teda vorgestellt. Unter dem deutschen Trainer Uli Stielike geht der Stürmer nun in China auf Torejagd. Wie schätzt ihr seinen Wechsel in die Chinese Super League ein? #skytransfer pic.twitter.com/14bcwWapA7
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Wagner erzählt heute noch gerne, dass ihn chinesische Fans in Bayern-Utensilien permanent um gemeinsame Fotos und Autogramme baten. Auch in den chinesischen Medien war Sandro Wagner mit seiner Bayern-Vergangenheit häufig präsent.
Sportlich ist die chinesische Liga bekanntlich bestenfalls zweitklassig, doch für den gebürtigen Münchener war das Engagement in Asien auch ein Abenteuer, was mit einem Jahresgehalt von 7,5 Millionen Euro fürstlich entlohnt wurde, wie einmal Sandro Wagner im „Doppelpass“ offen zugab.
Cancel Culture, DAZN und Regionalligatrainer
In Erinnerung geblieben ist auch ein Auftritt im „aktuellen Sportstudio“. Dort meinte, dass Fußballstars „noch zu wenig“ verdienen würden, weil „der Druck enorm hoch“ wäre.
Bei seiner Tätigkeit als DAZN-Experte äußerst sich Sandro Wagner ebenfalls sehr klar und authentisch, was ihm regelmäßig großen Beifall einbringt. Deshalb nahm ihn auch das ZDF für die Katar-WM unter Vertrag.
Nach seinem Bademantel-Spruch bei der WM in Katar sah sich Ex-Nationalspieler Sandro Wagner Rassismusvorwürfen ausgesetzt. Jetzt hat Wagner in einem Interview mit der Cancel Culture abgerechnet. Und einen sehr guten Ton getroffen. https://t.co/u7uSvZmwr5
— pleiteticker.de (@pleiteticker) February 21, 2023
Dort brachte ihn jedoch eine Aussage über die Thawb, der traditionellen Kleidung im Golfstaat ins Kreuzfeuer der Kritik („Vorhin habe ich gedacht, die ganze Kurve ist voller Deutschland-Fans. Dann habe ich erst gemerkt, das sind die katarischen Bademäntel.“). Sandro Wagner bat anschließend um Entschuldigung, kritisierte jedoch in einem Interview die sozialen Medien.
„Wenn man mit Älteren rede, die lange im Job waren, ob Trainer, Experte oder Kommentator: Sie erzählen, dass es früher viel entspannter war. Wobei es gut und wichtig ist, dass heute bei gewissen Themen mehr Sensibilität eingekehrt ist. Aber: Wie radikal oft direkt verurteilt wird, wie Äußerungen bewusst in die negative Richtung interpretiert werden – das finde ich schlimm.“
Sandro Wagner sieht dafür die Ursache bei Facebook, Twitter & Co.
„Das hat mit der Empörungskultur in den sozialen Medien und dem zunehmenden Clickbaiting zu tun. Wenn man ständig heftige Reaktionen befürchten muss, raubt das einem irgendwann die Lust, sich anders als 0815-mäßig zu äußern.“
Der Bundesliga würde jedenfalls ein Sandro Wagner als Trainer guttun. Dieses Karriereziel verfolgt der 35-Jährige eisern und ist überzeugt, dass er „ganz nach oben kommen kann“. Dies möchte der aktuell bei der SpVgg Unterhaching angestellte Coach „über viele einzelne Schritte und demütiges Lernen“ schaffen.
Es ist gut vorstellbar, dass Sandro Wagner seinen Ex-Klubs Hoffenheim und Hertha helfen könnte. Beide Vereine stecken momentan im Abstiegskampf.