Julian Nagelsmann wird heute in München von seinen Aufgaben freigestellt. Sein Nachfolger wird Thomas Tuchel. Man könnte denken, der 1.April wurde vorgezogen, aber Nagelsmann wird heute eines Besseren belehrt. Ein Kommentar unseres Bayern-Experten und Dauerkarteninhabers und warum wir es schon letztes Jahr gewusst haben. (Bild: IMAGO / Poolfoto UCL)
Es ist tatsächlich passiert. Julian Nagelsmann wird freigestellt und sein Nachfolger steht mit Thomas Tuchel bereits in den Startlöchern. Was lange Zeit undenkbar schien und auch anders von höchster Stelle propagiert wurde, ist tatsächlich Realität. Rein sportlich gesehen ist diese Entscheidung nur teilweise nachvollziehbar. In der Liga schwächelt man, hat zuletzt am Sonntag bei Bayer Leverkusen mit 1:2 verloren und die Tabellenführung abgegeben.
Vor Ort hatte man nicht den Eindruck, dass die Mannschaft sich zerreißt. Erst als Leverkusen in Führung ging, wurde engagierter und offensiver gespielt, um die Pleite abzuwenden. Grundsätzlich wechselten sich zu viel Licht und Schatten in der Liga ab. Ich hatte öfters den Eindruck, dass Teile der Mannschaft nur so viel wie nötig machen, wie es der Gegner eben erfordert. Diese sportliche Entwicklung gefiel den Bossen nicht. Zudem konnten sich wenige Talente, abgesehen von Matthys Tel, beweisen. Zugegebenermaßen ist dies auf diesem Niveau auch sehr schwierig.
❗️News #Nagelsmann: Reasons
— Florian Plettenberg (@Plettigoal) March 24, 2023
- negative sporting development in Bundesliga
- lack of player development (talents & top transfers)
Players & bosses were also surprised by the fact that he is on ⛷️ holiday while his team has to work. Internally opinion: Wrong signal! @SkySportDE 🇩🇪 pic.twitter.com/OzQkeINMws
Undankbar ist diese Personalentscheidung allemal, denn als sich letztes Jahr Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic in der Öffentlichkeit rar machten, musste eben Nagelsmann vieles wegreden und hat als junger Neuling in München seinen Mann gestanden, was man eher von der Führung erwartet hätte. Zudem gab Herbert Hainer vor ein paar Tagen noch ein Interview, welches heute in einem ganz anderen Licht erscheint. Trotz allem wird Julian Nagelsmann seinen Weg gehen, denn er ist einer der besten Trainer auf dem Markt, ist noch jung sowie entwicklungsfähig und überzeugt durch seine Fachkompetenz.
Kurios! Nur wenige Tage vor dem Rauswurf lobte Club-Boss Herbert Hainer noch den „sehr guten“ Nagelsmann. Etwaige Trainer-Diskussionen dementierte Hainer da noch eindeutig. 👀#fcbayern #nagelsmann pic.twitter.com/SP6jefKTrq
— Sky Sport (@SkySportDE) March 24, 2023
In der Champions League sieht die Sache dagegen komplett anders aus. Lediglich gegen Viktoria Pilsen wurden zwei Gegentore kassiert. In den sieben weiteren Partien blieb man ohne Gegentor und das bei so namhaften Gegnern wie Inter Mailand, FC Barcelona und Paris Saint-Gemain. Gerade die Hauptstädter aus Frankreich mit den auf Plätzen eins und zwei bei der Weltfussballerwahl vertretenen Lionel Messi und Kylian Mbappé wurden taktisch wie spielerisch aufgezeigt, wie man als Mannschaft funktioniert. Dass es mehr braucht als Messi den Ball zu geben und Mbappé steil zu schicken. Das war eine Demonstration auf höchstem Niveau.
Diese teilweise vorhandene Diskrepanz zwischen Liga und Champions League, ist allerdings verwunderlich und passt nicht zu Großteilen der Mannschaft, die 2020 alle sechs Titel gewonnen hat und durch ihre Mentalität und spielerische Klasse Europa beherrschte. Nun soll es also Thomas Tuchel richten. Er bringt seine Assistenten Zsolt Löw und Arno Michels sowie Fitness Coach Rainer Schrey mit.
In einem früheren Artikel hatten wir diese Option bereits unter die Lupe genommen: Bundesliga-Krise beim FC Bayern: Kommt jetzt Thomas Tuchel?
Zweifelsohne gehört Tuchel zu den Besten seiner Zunft in Bezug auf die taktische Ausrichtung und grundsätzliche Fachkompetenz. Der umworbene Coach, unter anderem sollen die Tottenham Hotspurs und Real Madrid ihr Interesse hinterlegt haben, war auf dem Markt und man wollte nicht schon wieder zu spät dran sein, wie einst 2018. Es wird interessant zu sehen sein, wie das Trio aus Kahn, Salihamidzic und Tuchel funktioniert. Zu erahnen, dass es durchaus den ein oder anderen kritischen Artikel zu diesem Trio geben wird, überrascht mit Sicherheit keinen.
Ich bin gespannt, wie die Gesamtsituation gelöst wird und wie man sich nach außen präsentiert. Vor dem großen Duell am 1. April gegen seinen alten Arbeitgeber Borussia Dortmund, ist die Konstellation besser als es sich ein Redakteur hätte wünschen können, denn dort wird, egal wie das Spiel ausgeht, eine besondere Geschichte geschrieben. Eins ist klar, die Tastatur wird nicht kalt werden.
@oms_stephan
