Dass Antonio Conte und Aurelio De Laurentiis bei Napoli aneinandergeraten würden, war von vornherein klar, dass es trotz Scudetto-Kurs so schnell gehen könnte, überrascht uns dann doch etwas. Doch liegt dieses ewige Drama vielleicht auch an Conte selbst? (Bild: IMAGO / Italy Photo Press)
Von dem Moment an, als der 55-jährige Italiener als neuer Trainer im Stadio Diego Armando Maradona vorgestellt wurde, war es quasi unausweichlich, dass diese Vereinigung mittelfristig in Flammen aufgehen würde. Auch wenn es auf dem Weg dorthin einige Erfolge gab, vielleicht auch den Scudetto am Ende der Saison, so war doch immer klar, dass es zu einer heftigen Auseinandersetzung kommen würde.
Schließlich ist De Laurentiis der Mäzen, der gerne alle Lorbeeren einheimst und alle Schuld auf die Trainer abwälzt, während Conte seine Klubs immer wieder emotional und öffentlich vor der Presse angreift. Es war also alles so vorhersehbar.
Scott McTominay offenbarte nach dem knappen 1:0-Sieg gegen den Tabellenletzten Monza, der Trainer sei „sehr anspruchsvoll“, und das kann sowohl ein Kompliment als auch eine Kritik sein. Wie oft müssen wir die gleiche Abfolge von Beschwerden bei jedem Job die Conte antritt, noch durchgehen?
Conte: “During my 8-month spell here at Napoli I’ve realised there’s a lot that can’t be done here” pic.twitter.com/FYljYKrmeU
— Patrick Kendrick (@patrickendrick) April 18, 2025
Mit 10 Euro ins Restaurant
Conte verließ Juventus Turin nach drei aufeinanderfolgenden Trophäen in der Serie A nur wenige Tage nach Beginn der Saisonvorbereitung und betonte, dass er den Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht weiter ausbauen könne.
"Man kann sich nicht in ein Restaurant mit 100-Euro-Menüs setzen und nur 10 Euro pro Person haben. Es gibt europäische Mannschaften, mit denen wir wirtschaftlich nicht mithalten können. Ich bezweifle, dass wir in den nächsten Jahren eine italienische Mannschaft im Champions-League-Finale sehen werden."
Anschließend durfte Conte staunen, wie Max Allegri weitere Scudetti gewann und das Champions-League-Finale erreichte, was seinem Vorgänger nie gelang. Conte setzte den Trend mit Inter fort, indem er nach der Scudetto-Feier ging und behauptete, dass er dies mit der Finanzstrategie des Vereins unmöglich übertreffen könne.
Simone Inzaghi hat nicht nur den Titel in der Serie A und eine Reihe anderer Trophäen gewonnen, sondern auch für eine dauerhafte Präsenz in der Champions League gesorgt - und das mit dem bei weitem niedrigsten Budget aller Vereine, die im Viertelfinale standen.
Conte wie unberechenbares Dynamit
Tottenham Hotspur kann man sicherlich nicht vorwerfen, auf dem Transfermarkt geizig zu sein - inkompetent ja, aber nicht zurückhaltend. Dennoch gelang Conte das Glanzstück seiner Karriere, als er mitten in der Saison kündigte und lautstark betonte:
"Tottenham hat seit 20 Jahren diesen Besitzer und hat nie etwas gewonnen. Warum nur?"
Mit dieser Geschichte im Rücken war der Wechsel zu Napoli weniger eine mutige als vielmehr eine naive Entscheidung. Es scheint als hätte Conte hatte nie etwas anderes vor gehabt, als sich mit De Laurentiis zu streiten, der im Stil eines Hollywood-Filmproduzenten einfach das Budget kürzt, einfache Anfragen ablehnt, alle Lorbeeren einheimst, wenn etwas gut läuft, und die Schuld abschiebt, wenn es schlecht läuft.
Es scheint, dass der Auslöser für den Bruch mit dem Verein nicht die Tatsache war, dass man es nicht geschafft hat Kvaratskhelia adäquat zu ersetzen, mit beispielsweise Alejandro Garnacho oder Karim Adeyemi (stattdessen kam Milans Bankdrücker Okafor), sondern sich auch noch David Neres verletzte, der wertvoller für das Team war als der Neuzugang des AC Milan.
“The first decision of the summer for Juventus remains on who will be on the bench next season. It’s widely known the club has interest in bringing back Antonio Conte, although he has a contract with Napoli and is the most difficult option” (@Glongari via @tvdellosport ) pic.twitter.com/y2jgaY7H2J
— 🎥 The AJC 🏳️🏴 (@The_AJC_) April 24, 2025
Trainingsplätze in maroden Zustand?
Auf der Pressekonferenz ärgerte sich Conte über den Zustand der Trainingsplätze, machte sie für die ganzen Muskelverletzungen verantwortlich und wies darauf hin, dass sie eigentlich schon in Ordnung hätten sein müssten.
"Das alles sind Dinge, die man bei Napoli einfach nicht machen kann“.
Conte ist ständig hin- und hergerissen zwischen dem Ehrgeiz, Titel zu gewinnen, und dem ständigen Gejammer über seine verfügbaren Mittel.
"Manches gilt noch, manches nicht. Ich nehme nichts zurück, aber man lernt dazu. Wie bei Kvara sagte ich, Neapel sollte kein Sprungbrett für die Spieler sein. In acht Monaten habe ich erkannt, dass hier vieles einfach nicht möglich ist", seufzte der Napoli-Coach.
Diese Worte offenbaren, dass der italienische Erfolgscoach innerlich mit dem SSC und De Laurentiis abgeschlossen hat und zumindest diese Saison mit dem Scudetto-Gewinn erfolgreich abschließen möchte. Dass eine Meisterschaft Contes Meinung ändern wird, ist sehr unwahrscheinlich – wie Inter Mailand und Juventus erfahren durften.
Ist Conte selbst das Problem?
Hat der Italiener vielleicht einfach zu hohe Ansprüche? Macht er es sich im Falle des Misserfolgs auch zu einfach? Sind wirklich immer die anderen Schuld? Fragen die ich mir in Bezug auf Conte schon seit Jahren stelle.
Ich kann konstatieren, dass die Ansprüche Contes teilweise zu hoch sind und dass es wirklich nur absolute Topvereine wie Real, Manchester United (zumindest finanziell), PSG oder City seinen Ansprüchen gerecht werden könnten. Aber ob diese Clubs sich mit dem pragmatischen und nicht sehr attraktiven Conte-Fußball zufrieden geben würden, bleibt mal dahingestellt.
Droht Neapel dasselbe Schicksal wie den Spurs?
Daher wird Conte wohl der ewige Nörgler bleiben und die Vereine die ihn verpflichten, werden oftmals mit einem Kader zurückgelassen, welcher nach seinen Ideen gebaut wurde und nicht auf andere Trainer passt.
Juve und Inter haben Contes Abgang mit den richtigen Trainer besetzt, bzw. Marotta, der bei beiden Vereinen damals die Fäden zog und als bester Manager Italiens gilt. Sein ehemaliger Partner Fabio Paratici dagegen ist mit Tottenham danach abgestürzt.
In der ersten Saison nach Conte stürzte die Hotspurs auf den siebten Rang ab. Aktuell befinden sie sich auf dem 16. Tabellenplatz der Premier League und können froh sein, dass sie genug Abstand auf einen Abstiegsplatz haben.
Neapel könnte ein ähnliches Schicksal drohen, sollte De Laurentiis denselben Fehler wie nach der letzten Meistersaison machen, als er in der Trainerfrage zweifach komplett daneben lag und man das Gefühl hatte, dass er einfach nur Geld sparen wollte, anstatt sich an der Spitze Italiens mit klugen Investitionen zu etablieren.