Dass Hugo Ekitiké und Omar Marmoush innerhalb weniger Monate nach Liverpool bzw. Manchester City abgewandert sind, ist eine große Herausforderung für Eintracht Frankfurt. Doch der Abgang hat im Gegensatz zu den 90ern mit ca. 160 Millionen unfassbar viel Geld in die Kassen der Hessen gespült, so dass die SGE mehr als die nötigen Mittel hat, das Geld sinnvoll einzusetzen. (Bild: IMAGO / HMB-Media)
Gerade einmal 23 Minuten waren in Frankfurts erstem Heimspiel der Saison 2024/25 gegen Hoffenheim im vergangenen August gespielt, als Marmoush und Ekitiké zum ersten Mal ihre Offensivkräfte mit verheerender Wirkung kombinierten - in der Saison, in der beide zu internationalen Topstürmern avancieren sollten.
Marmoush nahm einen langen Pass auf der linken Seite an und spielte den Ball mit viel Übersicht durch eine kleine Lücke in der Gästeabwehr, wo Ekitiké Oliver Baumann umkurvte und lässig einschob.
Nur wenige Minuten später folgte ein weiterer Höhepunkt der Offensivbemühungen der beiden, als der Ägypter von der linken Seite nach innen zog und den Ball zu Ekitiké weiterleitete, der sich diesmal zurückhielt und mit einem geschickten Pass Hugo Larsson bediente, der die Hoffenheimer Hintermannschaft aushebelte und Baumann überwand.
Nachdem der Wechsel von Ekitiké nach Liverpool bestätigt wurde, sind die beiden nun die jüngsten Stürmer, die den Frankfurter Fans in guter Erinnerung bleiben. Die stolze Erfolgsbilanz des Klubs bei der Entwicklung von Angreifern lässt vermuten, dass man dort auch in Zukunft große Stürmertalente sehen wird.
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— Sami Corleone (@samiffm1903) January 27, 2024
Die Neunziger
Werfen wir einen Blick in die Vergangenheit. Die frühen 90er Jahre haben einen besonderen Platz in den Herzen der Frankfurter Fans - und das aus gutem Grund. Die Adler kämpften regelmäßig um den Titel in der Bundesliga, verpassten ihn in der Saison 1991/92 nur um zwei Punkte und standen zur Halbzeit der Saison 1993/94 an der Tabellenspitze, wobei ihr engagierter Angriffsfußball weithin gefeiert wurde.
Zwei quirlige Angreifer standen für diese Ära bei der Eintracht Pate. Jay-Jay Okocha war ein spielfreudiger Offensivmann, der mit seinen Tricks und Kniffen alles übertraf, was der deutsche Fußball bis dahin gesehen hatte. Nicht nur Jürgen Klopp hält sein fabelhaftes, freches Tor gegen Karlsruhe im August 1993 mit Oliver Kahn für das schönste Tor der Bundesliga-Geschichte.
Während Okocha die Verteidiger auf dem Flügel in die Enge trieb, war Tony Yeboah damit beschäftigt, hier, dort und überall zu treffen. Fragt man jemanden, der in den frühen 90er Jahren die Bundesliga verfolgte, wird er wahrscheinlich von einigen der Fernschüsse oder akrobatischen Einlagen des Ghanaers schwärmen, als wären sie erst gestern erzielt worden.
Auch die Häufigkeit von Yeboahs Toren war beängstigend: Mit 38 Treffern in nur 49 Bundesligaeinsätzen in den Spielzeiten 1992/93 und 1993/94 wurde er am Ende beider Spielzeiten zum besten Torschützen der Liga gewählt und der erste ausländische Torschützenkönig der Bundesliga.
Die Büffelherde
Angreifer mit derartigen Talenten findet man nicht allzu oft in einer Mannschaft, doch Frankfurt hat eine Generation später noch mehr Glück in der Offensive. Die Adler hatten in der Saison 2018/2019 eine Dreierkette, die es in sich hatte: Luka Jović, Ante Rebić und Sebastién Haller erzielten zusammen 41 Bundesligatore - und die sogenannte „Büffelherde“ legte in der UEFA Europa League 16 Treffer nach, als die Eintracht das Halbfinale erreichte.
Das Trio verfügte über eine hervorragende Mischung an Offensivwaffen: Rebić war ein Flügelspieler mit Zug zum Tor und gefährlich harten Schüssen, Jović ein geschickter und eiskalter Abschlussspieler und Haller ein gewiefter, physisch imposanter Strafraumstürmer.
André Silva mit Vereinsrekord
Obwohl die Büffelherde im Sommer 2019 zu neuen Ufern aufbrach, dauerte es nicht lange, bis Frankfurt seinen nächsten Torhelden hatte: André Silva stellte in der Saison 2020/21 mit 28 Toren in 32 Ligaspielen einen Vereinsrekord auf, während Rafael Borré mit vier Treffern in 12 Einsätzen auf dem Weg zum unglaublichen Triumph in der Europa League 2022 die Torjägerliste anführte.
Frankfurts Vorliebe für Offensivphänomene wurde in der folgenden Saison mit der Verpflichtung von Randal Kolo Muani zur Saison 2022/23 erneut bestätigt. Der explosive Franzose sorgte mit 26 Torbeteiligungen (15 Tore und 11 Assists) für Furore in der Bundesliga und brachte die Adler bis ins Achtelfinale der UEFA Champions League.
In der "coronafreien" Zeit ein kleines Edit zur Büffelherde für die #Sge TL gemacht. Part 1/3 pic.twitter.com/gOc18g4Ta8
— Yannich (@yannich94) April 3, 2020
Marmoush & Ekitike
In der Saison 2024/25 gab es einen weiteren Frankfurter Stürmer, der etwas ganz Besonderes war. Ekitiké, der im Sommer 2024 nach seiner Leihe von Paris Saint-Germain - dem Verein, zu dem Kolo Muani 2023 wechselte - fest verpflichtet wurde, blühte richtig auf.
Seinem Führungstreffer gegen Hoffenheim folgten im Laufe der Saison 14 weitere - darunter ein denkwürdiges Tor beim 3:3-Unentschieden gegen Bayern München am sechsten Spieltag, das ebenfalls von Marmoush vorbereitet worden war.
Marmoush beeindruckte in der Saison 2023/24 nach seinem Wechsel aus Wolfsburg mit 12 Toren - seiner besten Bundesliga-Bilanz überhaupt. In der Saison 2024/25 übertraf er alle Erwartungen, indem er eine Abwehr nach der anderen aushebelte und in 17 Spielen erstaunliche 15 Tore erzielte. Besonders hervorzuheben sind sein brillanter Doppelpack gegen die Bayern und sein fulminanter Freistoß aus 30 Metern beim 3:2-Sieg in Stuttgart am 10. Spieltag.
Zusammen mit neun Assists hatte er zum Zeitpunkt der Bekanntgabe seines Wechsels nach Manchester die zweitmeisten Torvorlagen in den fünf größten europäischen Ligen hinter seinem ägyptischen Landsmann Mo Salah vom FC Liverpool. Nach dem Abpfiff des Heimspiels gegen Borussia Dortmund am 18. Spieltag wurde Marmoush von den Frankfurter Fans und Teamkollegen als Held verabschiedet. Sechs Monate später folgte ihm Ekitiké nach England.
Burkardt der deutsche Yeboah?
Bei so vielen Stürmern, die sich in der Mainmetropole einen Namen gemacht haben, können sich die Frankfurter Fans zu Recht die Frage stellen, wer der nächste in der Reihe ist. Jonathan Burkardt könnte die unmittelbare Antwort sein. Der Sommer-Neuzugang aus Mainz soll die Frankfurter Offensive um ein neues Element bereichern, das mit seiner Treffsicherheit und seinem Hang zu spektakulären Toren an die Ära von Yeboah erinnert.
„Ich bin definitiv nicht hier, um den Verein wieder schnell zu verlassen. Mir ist wichtig, dass ich mich hier mit dem Verein und der Stadt identifizieren kann. Ich sehe das nicht als Zwischenstopp oder Sprungbrett“, so der SGE_Neuzugang.
Burkardt hat den zusätzlichen Vorteil, dass er ein 25-jähriger deutscher Nationalspieler ist, der bereits 41 Bundesligatore erzielt hat, so dass ein Zusammenspiel zwischen ihm und Frankfurts hervorragender Offensivtradition naheliegend ist.
Mit Elye Wahi hat Frankfurt einen weiteren Angreifer verpflichtet, der im Januar aus Marseille kam und trotz einer Knieverletzung im Frühjahr acht erste Einsätze für seinen neuen Verein absolvierte. Der 22-Jährige verfügt über die nötige Schnelligkeit, um die Rolle von Marmoush direkt zu übernehmen.
🦅 Jonathan Burkardt ist ein Adlerträger!
— Eintracht Frankfurt (@Eintracht) July 4, 2025
Der deutsche Nationalspieler wechselt mit sofortiger Wirkung nach Frankfurt, wo er einen Vertrag bis zum 30. Juni 2030 unterschrieben hat.#SGE
Kommt noch ein Stürmer?
Michy Batshuayi kam ebenfalls im Januar und steuerte in der Rückrunde 2024/25 drei Tore bei. Die Erfahrung des 31-jährigen belgischen Nationalspielers und seine verlässliche Torgefahr dürften ihm eine Back-Up-Rolle bei der Gestaltung von Frankfurts nächstem Angriff geben. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Adler im Sommer auf dem Transfermarkt zuschlagen und einen oder zwei neue Angreifer verpflichten.
Denn mit der Qualifikation für die Königsklasse muss auch ein Sturm gebildet werden der den höchsten europäischen Ansprüchen genügt. Daher ist es mehr als wahrscheinlich, dass der ehemalige Mainzer nicht der letzte Topstürmer bleibt, denn Markus Krösche an den Main lotsen wird.
Mit einem mutigen, jungen Kader, der sich mit dem dritten Platz in der Bundesliga für die UEFA Champions League 2025/26 qualifiziert hat, bietet die Eintracht zweifellos eine vielversprechende Plattform für die nächsten Stürmerstars, die das Publikum im Deutsche Bank Park weiterhin begeistern werden.