Ist der Fußball bereit für einen schwulen Profifußballer?
Egal wo man hinschaut, in jedem Teil unserer Gesellschaft finden wir Lesben, Schwule und Transpersonen, doch warum finden wir in den Kreisen der Bundesligen keinen schwulen Fußballer? Schließlich soll der Fußball das Spiegelbild der Gesellschaft sein.
Keiner muss ein Coming-out erleben, wen er oder sie es nicht möchte. Trotz alledem muss man sich die Frage stellen, ob wir in den Stadien ein Klima haben, in welchem ein Coming-Out überhaupt problemlos möglich ist beziehungsweise wäre.
Vor gut 6 Jahren feierte Thomas Hitzlsperger sein Coming-out. Der mediale Aufschrei blieb aus, es war zwar eine Zeitlang medial sehr präsent, aber dann war es eben doch das normalste der Welt. Mittlerweile ist Hitzlsperger Vorstandsvorsitzender der VfB Stuttgart 1893 AG, ohne irgendwelche Probleme.
Wenn man den Zeitpunkt des Coming-out betrachtet, war dieser von Hitzlsperger klug gewählt. Schließlich weiß keiner, wie die Fans im Stadion reagieren. Die eigenen Fans werden es wohl zum großen Teil respektieren, wenn nicht sogar akzeptieren und ihn unterstützen. Was tun aber Fans des Gegners, besonders in einem Revier- oder Stadtderby?
Ist der schwule Spieler dann wie bereits oft gehört „die schwule Sau“, „die Schwuchtel, die wie ein „Mädchen“ spielt“ oder ist es letztendlich doch alles nicht so drastisch, wie man sich ein Coming-out in einer teils homophoben, von Männern dominierten, heteronormativen Fußballwelt vorstellt.
Immer wieder kommt es zu homophoben Beleidigungen im Stadion, mal wird „Schwuchtel“ oder „schwule Sau“ gerufen, mal sind es aber auch Banner, welche die gegnerischen Fans als „schwach“ dastehen lassen sollen. So las man im Revierderby in der „Süd“: “Rock´n Roll Schalke? Ihr Schwuchteln singt zu Kay One.“ Im Stadtderby zwischen Union Berlin und Hertha BSC las man auf der „Waldseite“: “16 Autos – 12 Herthaner - Der Schwanz im Arsch wird nie zu Rückgrat“. Diese Banner gibt es aber nicht nur von den genannten Vereinen, sie wiederholen sich und betreffen so ziemlich alle Vereine. Auch wenn diese „Sprüche“ nicht zwangsläufig an homosexuelle Personen gerichtet und ebenso gemeint sind, so bleiben sie immer noch homophob.
Und das ist scheiße von uns. Vollkommen inakzeptabel. #FCUBSC pic.twitter.com/DGXygXnXKk
— Mark Seibert (@markseibert) November 2, 2019
Die Angst vor dem Einbruch der Karriere oder des Wegbrechens von Sponsorenverträgen versetzen aktive homosexuelle Fußballer deswegen immer noch in Angst. War das Coming-out von Hitzlsperger nun ein Fortschritt oder stehen wir immer noch am selben Fleck wie vor eben jenem?
Fast alle Vereine der 1. und 2. Bundesliga machen sich für Vielfalt und gegen Diskriminierung stark, feiern regelmäßig Vielfaltsspieltage, engagieren sich bei CSD`s und hissen die Regenbogenflaggen. Doch sind diese Vereine stark genug, sich im Falle eines Coming-out auch hinter „weniger“ populäre Spieler zu stellen?
Das Coming-out eines allseits bekannten Fußballprofis würde eben womöglich reibungsloser und mit weniger Problemen vonstattengehen. Darüber hinaus hätte dies eine größere Signalwirkung für den Fußball im Allgemeinen sowie für jeden anderen homosexuellen Fußballer. Doch bislang trauen sich eben jene nicht aus ihrer Deckung.
Die queeren Fanclubs der Fußballclubs sind seit 2001 mit den Hertha-Junxx in den Stadien präsent, es folgten bis heute etliche neu gegründete queere Fanclubs bei Vereinen bis hin zur 3. Liga. Ihr Ziel ist es, eine offene Atmosphäre zu schaffen und auf gesellschaftliche Themen aufmerksam zu machen. Bemerkenswert ist hier, dass sich diese Fanclubs vor oder nach den Spielen freundschaftlich treffen und sich austauschen. Vereinshass ist, bei aller Rivalität, nie ein Thema. Schließlich ist man nur zusammen stark.
Fußball - Das Spiegelbild der Gesellschaft!
Fußball ist alles – auch schwul!