Bereits seit vielen Jahren dümpelt der VFL Wolfsburg im Mittelfeld der Bundesligatabelle herum. Dies kritisieren Fans und Verantwortliche um so mehr, als dass - ähnlich wie die TSG Hoffenheim - auch der VFL angesichts seiner finanziellen Möglichkeiten eigentlich ganz andere Ziele anstreben könnte. Dennoch kam trotz teurer Transfers in den letzten Saisons nicht wirklich Konstanz in den Verein. (Bild: IMAGO / Jan Huebner)
Platz 12, Platz 8, Platz 12 wie auch Platz 11 in der abgelaufenen Saison, das waren die Ergebnisse der Wölfe in den letzten vier Jahren - Ergebnisse, die mit der glorreichen Zeit unter Trainer Felix Magath, welche 2009 sogar mit einem Meistertitel gekrönt werden konnte, nur noch wenig zu tun hatten.
Um so mehr möchte man diesen Sommer nochmal auf dem Transfermarkt angreifen, beziehungsweise tut dies bereits mit wieder einmal einer Menge Risikobereitschaft. Vor allen Dingen möchte man langfristig wieder eine fußballerische Euphorie in die Autostadt zurück bringen, etwas, an was es angesichts des extrem trockenen und oft langweiligen Defensivfußballs, in den letzten Jahren oft mangelte. Hier ein Blick auf das, was diesen Sommern bei den Wölfen bereits passiert ist und möglicherweise noch passieren könnte:
Der Gouda Guardiola
Mit diesem Spitznamen haben
die Fans des VFL Wolfsburg den neuen niederländischen Trainer Paul
Simonis bereits liebevoll bedacht, nicht zuletzt auch wegen seiner optischen Ähnlichkeit mit Pep Guardiola. Dieser wurde diesen Sommer als
Nachfolger von Ralph Hasenhüttl verpflichtet, was zunächst
einmal überraschend kam. Denn bislang war sein größter Erfolg ein Pokalsieg mit den „Go Ahead Eagles“ in der holländischen Liga. Das zeugt dann doch von eher wenig Erfahrung im Spitzenfußball, grade wenn man es mit Vorgängern wie z.B. Niko Kovac vergleicht. Also ein
neuer Mark van Bommel?
Hier gegen spricht, dass
seine fußballerischen Ambitionen schon mal deutlich anders sind. „Dominant mit
und gegen den Ball, doch dabei nicht naiv“, sagte Simonis selbst
über das, was er mit den Wölfen vorhabe. „Eine Viererkette soll
es sein, kontrollierter Fußball“. Und: „Wir brauchen
Außenspieler, die im Eins-gegen-Eins den Unterschied machen können
– echte Künstler auf den Flügeln.“ Also doch Ajax-Fußball im
Stile der guten alten Johann-Cruyff-Schule?
Paul Simonis wird neuer VfL-Cheftrainer!
— VfL Wolfsburg (@VfL_Wolfsburg) June 12, 2025
Der Niederländer kommt von den Go Ahead Eagles Deventer und hat bei unseren Wölfen einen Vertrag bis zum 30. Juni 2027 unterschrieben. Herzlich willkommen in Wolfsburg! 💚#VfLWolfsburg pic.twitter.com/uJgvlRhSO4
Mit den „Go Head Eagles“
spielte er zumindest attraktiven Fußball mit viel Zug zum Tor und schnellen Außenspielern. Zuzüglich ist er großer Fan von
jungen Spielern und möchte auch in Wolfsburg vermehrt auf die
Akademie setzen. Die Frage ist nur, ob dies mit den Ambitionen
der Vereinsführung eingeht:
Denn diese heißen laut Geschäftsführer Sport Peter Christiansen weiterhin ganz klar:
„Europa soll es sein, das ist klar. Aber – wir müssen verstehen, dass wir nicht die Favoriten sind. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns.“
Rückblick auf die Hasenhüttl-Saison
Diese Erkenntnis der Geschäftsführung kann man kaum leugnen,
wenn man auf die vergangene Saison schaut. Denn war man in der
Hinrundentabelle noch auf Platz 7, kam dann in der Rückrunde der
unerklärliche Einbruch. Lediglich Platz 15 erreichte man und war
hier in vielen Statistiken, wie z.B. Laufwerte sogar auf einem
Abstiegsplatz. Und das ausgerechnet nachdem man in der Winterpause mit
einer Rekordablösesumme von 14 Millionen noch den dänischen
Außenbahnstürmer Andreas Skov Olsen verpflichtet hatte,
ursprünglich mit der Idee damit die Offensive auch im Ballbesitz
wieder zu stärken.
Dies ging leider komplett in die Hose. Stattdessen wurden viele Wolfsburg-Spiele zum Alptraum für alle Fernsehmoderatoren, die vor dem Spiel keine zwanzig Seiten voll mit Wolfsburg- oder anderen Bundeligaanekdoten vorbereitet hatten: „Koulierakis – Vavro – wieder Koulierakis – wieder Vavro - Pass ins Mittelfeld - und (*gähn*) wieder zurück“ schallte es ansonsten zum Teil minutenlang aus den Boxen der SKY- und DAZN-Streams - weil aber auch wirklich einfach nichts anderes passierte.
Selbst wenn der Ball mal im Mittelfeld landete, hing er
wiederum dort fest und das gesamte langsame Hin- und Hergepasse ging dort schon wieder von vorne los. Und das obwohl grade das Zentrum mit Spielern wie
Lovro Majer, Yannick
Gerhardt, dem häufig dann auch ins Mittelfeld abgerückten
Patrick Wimmer wie auch Neuzugang Bence Dardai eigentlich
hochqualitativ besetzt war.
Auch kritisierten viele Fans, dass Ralph Hasenhüttl oft zu viel im Personal herumrotierte, beziehungsweise selbst nicht wirklich klar in seiner Spielphilosophie war. Hier spielte er z.B. oft in einem 4-3-3-System, verlangte mit dieser (auf dem Papier) Ballbesitzformation aber gleichzeitig hohes Pressing. Dazu kamen komische Rochaden in der Dreieroffensivkette, u.a. mit Spielern wie Patrick Wimmer auf der neun. Die Folge war schließlich, dass man mit dem früheren Leipzig-Erfolgstrainer nicht einmal mehr die Saison beendete, sondern ihn sogar noch vorzeitig feuerte.
Ob dies mit Paul Simonis besser wird sollen nun u.a. die Neuzugänge entscheiden. Geschäftsführer Sport Peter Christiansen schätzt am neuen Trainer vor allem seine Arbeitsethik, wie er gegenüber dem NDR verlauten ließ:
"Ich respektiere Erfahrung. Aber wichtiger ist die Art, wie du bist, deine Arbeitsethik, das Verständnis für den Fußball, den wir spielen möchten und die Fähigkeit, das dann auch auf dem Platz umsetzen."
Die Neuzugänge:
Hier steht sicherlich vor allem Jesper Lindström im Fokus. Der Flügelspieler fiel vor allem bei Eintracht Frankfurt sehr positiv auf, wo er in 57 Spielen 12 Tore und 9 Vorlagen erzielte. Trotz anschließenden deutlichen Anpassungsproblemen bei seiner nächsten Station SSC Neapel, schaffte der dänische Nationalspieler mit dem Spitznamen „Jobbe“ auf seiner Leihstation FC Everton wieder vermehrt an seine alte Form anzuknüpfen. Ganze 25 Spiele bestritt er hier für den Premier League Club.
Dennoch entschlossen die Gli Azzurri sich Lindström noch einmal eine weitere Saison zu verleihen - diesmal an den VFL Wolfsburg. Ob die Formkurve nun weiter nach oben gehen wird, wird sich zeigen. Zumindest was die „Soft Factors“ angeht, sollte der VFL aber sehr gut zu ihm passen, trifft der Däne dort mit Joakim Maehle, Jonas Wind und Andreas Skov Olssen gleich auf gleich drei seiner Nationalmannschaftskumpels, wodurch sich – auch unter dem dänischen Sportdirektor – mit der Zeit eine echte Achse bilden könnte.
Ein weiterer sehr interessanter Neuzugang könnte der Brasilianer Vinicius Souza werden. Der Mittelfeldspieler kam vor wenigen Wochen vom englischen Zweitligisten Sheffield United und unterschrieb bei den Niedersachsen einen Vertrag bis Juni 2030.
Souza ist ein typischer Abräumer im Mittelfeld, der weniger durch spielstarke Kreativität als vor allem durch seine Robustheit und Zweikampfstärke auffällt. Er verbindet dabei defensive Stabilität mit solidem Aufbauspiel. Das macht ihn besonders wertvoll für Teams, die Balance im Mittelfeld suchen. Hinzu ist der 1,87 große Hüne extrem gut in Kopfballduellen, wobei er zwar aggressiv, aber stets kontrolliert in Zweikämpfe geht. Er könnte für die Wölfe daher auch bei der Verarbeitung von Ecken und Freistößen interessant werden, etwas was der neue Trainer ebenfalls ausbauen möchte.
Der spielerisch interessanteste Spieler könnte jedoch der erst 20jährige Aaron Zehnter vom SC Paderborn sein, einer der absoluten Leistungsträger der abgelaufenen Zweitligasaison. Unter seinem Trainer und Entdecker Lukas Kwasniok, mittlerweile Cheftrainer beim 1. FC Köln, absolvierte er in Paderborn 30 Pflichtspiele, in welchen er drei Tore erzielen konnte. Weitaus mehr fiel aber seine enorme Cleverness mit dem Ball auf, was insbesondere seine zwölf Assists unter Beweis stellen.
Zehnter kann dabei sowohl als linker Schienenspieler als auch bei Bedarf auch als linker Mittelfeldspieler agieren. Kritisch an dem Transfer anmerken könnte man höchstens, dass er unter Kwasniok bisher ausschließlich Dreierkette gespielt hat und daher für seinen Offensivdrang auf dem Flügel hier eine gewisse Absicherung gewöhnt ist. Wie aber oben bereits erwähnt plant Paul Simonis laut eigener Aussage klar mit einer Viererkette. Wie das dann zusammen harmoniert ist daher noch ein kleines Fragezeichen. Hier sonst ein paar Highlights des Spielers, den ich bislang für den spannendsten und besten Transfer der Wölfe halte:
Ein echter Königstransfer könnte allerdings noch die Verpflichtung vom Ex-Bremer Josh Sargent werden, der bereits seit längerem bei den Wölfen auf dem Zettel steht. Dieser machte bei Norwich City in der vergangenen Saison eine beeindruckende Entwicklung. Unter anderem konnte er hier in 32 Spielen mit ganzen 15 Toren in der Champions Ship glänzen. Für ganze 20 Millionen will der VFL sich daher die Dienste des Stürmers sichern, des Weiteren ist von einem langfristigen Vertrag bis 2029 die Rede.
🚨🐺 VfL Wolfsburg have reached a full verbal agreement with Josh #Sargent. 25 y/o striker from Norwich can sign a contract until 2029, with Wolfsburg pushing hard for the deal.
— Florian Plettenberg (@Plettigoal) July 18, 2025
Negotiations are advanced, with discussions ongoing over a fee close to €20m. Wolfsburg are trying… pic.twitter.com/W3xIojlVBp