Die 0:2 im Hinspiel gegen die Slowakei galt zu Recht als der absolute Tiefpunkt der DFB-Elf unter Trainer Julian Nagelsmann. So ziemlich sämtliche Experten waren sich einig, dass Deutschland gegen einen solchen Gegner gewinnen muss (!) und zwar im besten Fall deutlich. (Bild: IMAGO / Fussball-News Saarland)
Doch ist die Slowakei, ein Team, was es immerhin ins Achtelfinale der letzten EM geschafft hat und dort sogar um ein Haar den späteren Finalisten England rausgekickt hätte, wirklich so schwach?
Wir von Kickfieber wollen dem mal auf den Grund gehen und Kader und Mannschaft etwas genauer beleuchten.
Geschichte:
Die slowakische Nationalmannschaft ist einer der jüngsten Nationalmannschaften im Weltfußball. Erst 1993, nach der Trennung von Tschechien und der Auflösung der Tschechoslowakei, wurde sie gegründet und blieb bei Qualifikationen für Turniere zunächst einmal erfolglos.
Erst 2010 kam nach langen Jahren harter Arbeit der Durchbruch mit der WM-Qualifikation für das Turnier in Südafrika. Unter Trainer Vladimir Weiss erreichte das Team ein Unentschieden gegen Neuseeland, eine Niederlage gegen Paraguay – wie auch ein historisches 3:2 gegen Italien, den damals amtierenden Weltmeister.
Damit zog die Slowakei sensationell ins Achtelfinale ein, wo sie jedoch den Niederlanden mit 1:2 unterlag.
Auch bei der EM 2016 überstand das Team die Vorrunde, musste dann allerdings abermals im Achtelfinale die Koffer packen. Gegner damals - ausgerechnet Deutschland, dem man als klar spielschwächeres Team mit 0 : 3 unterlag.
Jüngste Entwicklungen:
Seitdem ist aber nun einiges passiert. Mittlerweile ist die Slowakei das Team mit dem weltweit immerhin 43-wertvollsten Kader und steht auch auf der FIFA-Weltrangliste auf einem soliden Platz 46, vor Ländern wie Kamerun, Ghana, Peru oder auch Europameister Griechenland. Dies ist vor allem einem klaren taktischen Plan zu verdanken der auch trainerübergreifend über die Jahre immer mehr verfeinert wurde.
Die slowakische Mannschaft ist hier vor allem bekannt für ihren kompakten, taktisch disziplinierten Spielstil, gepaart mit technischem Können im Mittelfeld. Besonders hervorzuheben sind die manchmal unterschätzte Defensivstärke und die gefährlichen Konterangriffe.
Des Weiteren ist eine gewisse Konstanz in die Mannschaft gekommen, von der frühere osteuropäische Größen wie Rumänien, Bulgarien oder eben auch Griechenland aktuell nur träumen können, eine Konstanz, die in den letzten drei Europameisterschaften immer für eine Qualifikation gereicht hat.
Taktisches Konzept:
Diese zieht sich auch unter dem aktuellen Trainer Francesco Calzona durch, einem Italiener, der in den obersten italienischen Spielklassen als Co-Trainer ganze sieben Vereine durchlaufen hat, um schließlich 2024 mit dem SSC Neapel sogar im Achtelfinale der Champions League zu stehen.
Calzona steht dabei vor allem für eines: Pragmatismus, in einem kompakten 4-2-1-3 hinten gut stehen (gerne auch mal in einer Sechserkette, um dann nach Balleroberung schnell umzuschalten und vor allem die Flügelspieler in Szene zu setzen.
Dies hat vor allem Deutschlands Rechtsverteidiger Nnamdi Collins im Hinspiel zu spüren bekommen, der hier trotz seiner Geschwindigkeit ein ums andere Mal von den slowakischen Flügelspielern Leo Sauer und David Strelec ausgekontert wurde.
Denn auch das gehört zu Calzonas taktischem Konzept: Während hinten großen Wert auf Positionstreue gelegt wird, zeigt er sich vorne erstaunlich offen, wenn es um Seitenverlagerung und Positionswechsel geht - alles mit dem Ziel in den gegnerischen Abwehrreihen für möglichst viel Chaos zu sorgen.
Auch Standards, insbesondere Freistöße, spielen eine große Rolle im taktischen Konzept der Slowaken und werden unter Calzona akribisch trainiert.
Impressive how Francesco Calzona turned Slovakia into a well-drilled, balanced and aggressive team. But yes, luck was also on their side.
— Bosniaco (@Bosniac0) June 17, 2024
Immense performance from Lobotka.
The funny thing is that we saved Calzona's job, because Slovakia were about to sack him just before their… pic.twitter.com/4jZW9bjveP
Die wichtigsten Spieler:
Gewiss, die Zeiten von Slowakei's wahrscheinlich größten Superstar der Teamgeschichte Marek Hamsik sind vorbei. Von 2007-2019 spielte er für die SSC Neapel und es wird nicht wenige Fans geben, die ihn in einer All-Time-Top-Ten der wichtigsten Spieler nennen werde, die je für die Gli Azzurri gespielt haben.
Doch auch wenn der Mittelfeldstar mittlerweile nicht mehr selbst spielt ist die neapolitanisch-slowakische Beziehung weiterhin vorhanden. Nicht nur Trainer Calzona ist nach wie vor stark mit der SSC verbunden, auch Stanislav Lobotka ist als aktueller Mittelfeldmotor sowohl in Neapel als auch im slowakischischen Nationaldress mittlerweile so etwas wie der Nachfolger Hamsiks.
Zwei Meistertitel und einen Pokalsieg konnte er mit den Gli Azzurri bereits gewinnen, was sogar mehr ist als Hamsik in seiner gesamten Karriere mit der SSC gewonnen hat.
Einer der wichtigsten Spieler bei den Slowaken ist aber nach wie vor Milan Skriniar. Der aktuelle Kapitän und Abwehrchef war von 2017-2023 einer der Führungsspieler im Kader von Inter Mailand bis er schließlich über Paris St. Germain (wo er, auch aufgrund von Verletzungen, aber eher Reservespieler war) 2024 zu Fenerbahce Istanbul wechselte und so den CL-Titel der Pariser leider verpasste.
🥅 Fenerbahçe'nin, 90+6'da Milan Skriniar ile direği geçemediği pozisyon!#FBvKAYpic.twitter.com/QXDDWFTOxN
— DHA Spor (@dhaspor) April 20, 2025
Player To Watch:
Doch auch weitere interessante Spieler sind in den letzten Jahren nachgerückt und mittlerweile ein fester Bestandteil der Slowaken. Den mittlerweile in Saudi Arabien spielenden Ex-Herthaner Ondrej Duda kennen sicherlich viele noch aus der Bundesliga, ebenso wie seinen Ex-Team-Kollegen Peter Pekarik, der ebenfalls für den Hauptstadtclub aufgelaufen ist.
Auch an die Tore von Ivan Schranz, einem der Torschützenkönige des vergangenen EM-Turniers, können sich sicherlich noch einige erinnern. Hinzu kommt auch noch Innenverteidiger David Hancko von Atletico Madrid, mit einem Marktwert von 30 Millionen der wertvollste Spieler im Kader.
Die aber aktuell wahrscheinlich größten die Talente sind aber klar die beiden Flügelspieler David Strelec (24, FC Middlesbourgh) und vor allem Leo Sauer (19, Feyenoord Rotterdam). Der 19jährige gilt aktuell als eines der heißesten Talente Europas und wird auch bereits von Premier League Clubs wie Brighton und Bournemouth beobachtet.
Grade Leo Sauer gilt es im Rückspiel unbedingt in Schach zu halten, ist es doch vor allem seine Beidfüßigkeit gepaart mit Geschwindigkeit und Explosivität, die auch Top-Teams extrem gefährlich werden kann und den deutschen Außenverteidigern auch im so entscheidenden Rückspiel alles abverlangen wird: Ganz klar "Der Player To Watch" im slowakischen Nationalteam.








