David Odogu (19) war der letzte Neuzugang des AC Mailand im Sommertransferfenster und gilt als die vielleicht größte Unbekannte im Kader Milans. Daher wollen wir euch das vielversprechende deutsche Abwehrtalent genauer vorstellen und wie er die Rossoneri bereichern könnte.
Noch am Stichtag des Sommertransferfensters war Milans Sportdirektor Igli Tare auf der Suche nach einem Innenverteidiger. Der Name Manuel Akanji fiel in Berichten häufig, doch letztendlich entschied er sich für den Stadtrivalen Inter.
Auch Joe Gomez war im Gespräch. Gerüchten zufolge wartete Liverpool auf die Verpflichtung von Marc Guéhi von Crystal Palace, bevor es grünes Licht gab. Doch dieser kam nicht, und so platzte der Deal.
Für wen entschied sich Milan? Für David Odogu vom deutschen Bundesligist VFL Wolfsburg. David wer? Ein Name, der für die Tifosi praktisch unbekannt ist, und das aus gutem Grund. Im Gegensatz zu den erfahrenen Spitzenspielern Akanji und Gomez hat Odogu erst drei Einsätze in der Bundesliga vorzuweisen.
"Das war ein Last-Minute-Transfer, eine Überraschung für mich selbst. Ich habe davon nur 24 Stunden vor dem Ende des Transferfensters erfahren", sagte der 19 Jahre alte Abwehrspieler bei seiner Vorstellung.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Last-Minute-Transfer, doch der hohe Preis von rund 10 Millionen Euro für einen so jungen und unerfahrenen Spieler könnte etwas anderes über Tares Vertrauen in den Spieler aussagen. Er könnte sich als Schnäppchen wie sein Landsmann Malick Thiaw oder als totaler Flop erweisen.
„Klar, der Anruf war eine Überraschung. Aber ich war auch nicht schockiert», sagte Odogu. "Ich habe immer an meine Qualitäten geglaubt. Ich weiß, dass ich mit starken Spielern mithalten kann. Ich möchte in diesem Team ein Startelf-Spieler werden.“
A deadline-day signing: David Odogu {19}. 🇩🇪⭐️
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Werdegang
Odogu wurde 2006 geboren und wuchs in einem christlichen Haushalt in Berlin bei seinem nigerianischen Vater auf, einem ehemaligen Fußballspieler und heutigen Musiker mit Gospel-Hintergrund.
David spielte den Großteil seiner Jugendkarriere in der Nähe seiner Heimat bei Union Berlin, bis er 2020 beim VfL Wolfsburg unterschrieb. Für die Wölfe absolvierte er insgesamt 55 Einsätze auf Juniorenebene, davon drei für die erste Mannschaft.
Er machte sich erstmals im Juni 2023 einen Namen, als er mit der deutschen U17-Nationalmannschaft in einem hitzigen Finale gegen Frankreich im Elfmeterschießen den Europameistertitel holte. Seine Leistung bei diesem Turnier wird jedoch oft von der des folgenden überschattet, da er eher als Nebendarsteller auftrat.
Als er im Dezember desselben Jahres die Weltmeisterschaft gewann, stand Odogu als absoluter Leistungsträger im Vordergrund. Auch das Finale gegen Frankreich ging ins Elfmeterschießen, und der Grund dafür, dass dieser Triumph seine berühmtere Leistung ist, liegt darin, dass er in jedem einzelnen Spiel als zentraler Innenverteidiger in der Startelf stand und herausragende Leistungen zeigte.
Stärken und Schwächen
Der neue Rossonero weist körperliche Eigenschaften auf, die stark an den Spieler erinnern, den er ersetzen soll, nämlich Malick Thiaw. Mit einer Größe von 1,91 m ist er nur drei Zentimeter kleiner als der neue Newcastle-Verteidiger. Mit 83 Kilogramm Gewicht belegt er zudem den zweiten Platz in der aktuellen Innenverteidigung der Rossoneri, hinter Strahinja Pavlovic.
Auf die Frage nach seinen Stärken auf dem Platz nannte David als Erstes seine Eins-gegen-Eins-Duelle. Seine große Statur harmoniert hervorragend mit seiner Aggressivität, da diese Kombination es ihm ermöglicht, den Gegner stark unter Druck zu setzen, was oft zu Balleroberungen oder einer stressbedingten Entscheidung des Gegners führt.
Sein großes Vorbild sei Nationalspieler Antonio Rüdiger von Real Madrid. „Genau wie er will ich aggressiv und ein Leader sein“, betonte Odogu.
„Ich will genau seine Mentalität haben und alles dafür tun, um unser Tor zu verteidigen.“ Aber auch Vereinslegende Paolo Maldini wird von ihm in höchsten Tönen gelobt. "Der erste an den ich denken muss, wenn es um Milan geht, ist Maldini. Für mich ist er der stärkste Spieler aller Zeiten, der auf meiner Position gespielt hat."
Aufgrund seiner enormen Körpergröße scheint der Deutsche seinen Gegnern in Kopfballduellen oft überlegen zu sein. Dies ist eine wichtige Stärke, insbesondere wenn man bedenkt, dass dies eine der wichtigsten Aufgaben eines Innenverteidigers ist.
🎙️🇩🇪 | David Odogu: "The first memory that comes to my head when it comes to Milan is Paolo Maldini. For me he's the greatest ever in my position." pic.twitter.com/rXIwBzQTEM
— Milan Matters (@MilanMatters) September 4, 2025
Der deutsche Beckenbauer?
Odogu hat ein echtes Talent für schöne Pässe auf die Flügel, die er meist von seiner Position in der Mitte einer Dreierkette aus spielt. Mit Thiaws Abgang haben die Rossoneri in der Defensive einen guten Passgeber verloren. Obwohl Tomori die Saison mit einer wunderschönen Flanke und einem Kopfball von Leão begann, ist er für konstante Pässe über weite Distanzen nicht wirklich zuverlässig, während Pavlovic eher die Bälle per Dribbling nach vorne trägt.
Doch aufgrund seines starken Aufbau- und Passspiels wurde er in den Medien schon als der neue Beckenbauer deklariert. Wir wissen natürlich auch, dass solche Vergleiche gerne übertrieben werden und konstatieren einfach nur nüchtern, dass Odogu in der Ballbesitzphase enorme Stärken für einen Abwehrspieler besitzt.
Ähnlicher Verteidigungsstil wie Tomori
Wie bereits erwähnt, ist Odogus Defensivstil stark von seiner Aggressivität geprägt. Ähnlich wie Tomori versucht er oft, den Ball weiter vorne zu erobern, indem er schnell aus der Defensivreihe raus rückt, den Gegner eng deckt und direkt attackiert.
Das kann sowohl als Stärke als auch als Schwäche bezeichnet werden, da solche Manöver auch mit hohem Risiko verbunden sind. Gelingt dies, kann ein vielversprechender Konter entstehen, was angesichts von Allegris Konterspielstil und den Ballempfängern (namentlich Rafael Leão und Christian Pulisic) eine gewinnbringende Fähigkeit für Milan wäre.
Schlägt ein solcher Versuch jedoch fehl, kann dies die Abwehr ordentlich ins Wanken bringen und ein Tor verursachen. Hoffentlich perfektioniert er diesen Ansatz mit der Zeit, denn eine optimale Entscheidungsfindung kommt oft mit der Erfahrung.
I tifosi del #Milan innamorati di David #Odogu 😍🔴⚫️ pic.twitter.com/g2duKb5JVM
— Milanisti Channel (@MChannel1899) September 4, 2025
Großgewachsen und trotzdem schnell
Wenn er in Fahrt kommt, erreicht David eine ähnliche Höchstgeschwindigkeit wie Tomori, doch um diese Geschwindigkeit zu erreichen, muss er meist erst einmal einige Meter zurücklegen, was ihn gelegentlich in missliche Lagen bringt. Für so einen großgewachsenen Spieler ist ein schwacher Antritt jedoch nicht ungewöhnlich.
Die fehlende Erfahrung des 19-Jährigen zeigt sich manchmal auf dem Spielfeld, da er hin und wieder panisch wirkt und ihm dann die Bälle verspringen, sowie Kopfbälle und Pässe ihr Ziel verfehlen. Offenbar aus dem gleichen Grund wie oben erwähnt, neigt Odogu dazu, sich an einer anderen Stelle auf dem Spielfeld zu befinden, als er eigentlich sollte. Dies geschieht meist, wenn die gegnerische Mannschaft durch die Mitte mit einem Pass auf den Flügel angreift. Da darf Allegri noch gerne an seinem Stellungsspiel feilen.
Fazit
Die Risiken des Transfers selbst sind recht gering, und die Fehler des Spielers lassen sich leicht auf mangelnde Erfahrung zurückführen. Auch die Ablösesumme von 10 Millionen Euro trägt zum geringen Risiko bei, da sie für einen so jungen Spieler wie Odogu zwar viel ist, aber nicht im Vergleich zu Milans Investitionen in andere Transferziele in diesem Sommer.
Betrachtet man jedoch den Kontext des Transfers, werden die Risiken deutlich. Er könnte sich für Milan zum Superstar entwickeln, doch die Chancen dafür, dass ihm das schon in dieser Saison gelingt, sind angesichts seiner Unerfahrenheit eher unwahrscheinlich.
Zwischen dem ebenfalls gewollten Leoni und Odogu liegen lediglich 11 Ligaeinsätze, jedoch 30 Millionen mehr Ablöse, wenn Milan sich für den jungen Italiener entschieden hätte. Mit Odogu kommt ein nicht weniger talentiertes Talent zu den Rossoneri, welches allerdings die wirtschaftliche Prämisse mitbringt.
Odogu ist eine Chance, aber keine Sicherheit für Milans Defensive. Er ist ein vielversprechender Perspektivspieler, dennoch muss sich das Management vorwerfen lassen, dass man zu lange gewartet um einen erfahrenen Innenverteidiger zu verpflichten.