Es ist Sommer, und die Transfergerüchte beginnen wie jedes Jahr zu brodeln. Doch während viele Namen durch die Gazetten rauschen, lohnt sich bei einem Spieler ein genauerer Blick: Paul Wanner, das bayerische Toptalent mit österreichischen Wurzeln, steht nach einer durchwachsenen Saison bei Heidenheim erneut im Schaufenster. Dieses Mal nicht nur als Zukunftshoffnung, sondern als ernstzunehmende Verstärkung für ambitionierte Bundesligisten.
Ganz oben auf der Liste: Werder Bremen. Eine Verbindung, die sportlich wie emotional Sinn ergibt. Doch ist der Schritt von der Isar an die Weser für Wanner der richtige? (Bild: IMAGO / DeFodi Images)
Bei Bremen wird sich durchaus mit einer Leihe von Paul Wanner beschäftigt. Das hat vor allem mit Trainer Horst Steffen zu tun, der Wanner noch aus Elversberg kennt. Spieler und Trainer wissen, dass sie zusammen funktionieren können. Man kennt und schätzt sich. [@DeichStube] pic.twitter.com/CvJU4gUrRE
— FC Bayern News (@iMiaSanMia_GER) July 2, 2025
Vom jüngsten Debütanten zum Hoffnungsträger
Wanner wurde am 23. Dezember 2005 im österreichischen Dornbirn geboren, wuchs aber in Bayern auf – mit deutschem Pass und österreichischer Option. Der FC Bayern sicherte sich früh seine Dienste, als er 2018 vom FV Ravensburg an den Campus wechselte. Dort entwickelte sich der schlaksige Linksfuß rasch zu einem der spannendsten Offensivakteure der Akademie.
Sein Profidebüt für die Bayern? Gerade einmal 16 Jahre und 15 Tage alt war er, als Julian Nagelsmann ihm im Januar 2022 das Vertrauen schenkte. Damit avancierte Wanner zum jüngsten Bundesligaspieler der Vereinsgeschichte – ein Rekord, der Erwartungen mit sich bringt. Viele sahen in ihm den nächsten Musiala. Doch der Weg in München ist lang – und gespickt mit Weltklasse-Konkurrenz.
ℹ Paul #Wanner gibt mit 16 Jahren und 15 Tagen sein #Bundesliga-Debüt und löst @JamalMusiala (17 Jahre, 115 Tage) als jüngsten BL-Spieler des #FCBayern ab. #MiaSanMia pic.twitter.com/hY5S4L5EA7
— FC Bayern München (@FCBayern) January 7, 2022
Nach Kurzeinsätzen in der Bundesliga und Champions League war klar: Wanner braucht Spielzeit. Viel mehr Spielzeit. Und die fand er – zunächst beim Zweitligisten SV Elversberg, wo er unter Horst Steffen aufblühte. 6 Tore, 4 Vorlagen in 28 Spielen, dazu ein Stammplatz und taktische Reife. Die logische Folge: ein weiteres Leihjahr, diesmal in der Bundesliga bei Heidenheim. Und auch dort: direkt eingeschlagen, Startelf, Tore, Präsenz. Zwar ließen er und das Team im Saisonverlauf etwas nach, besonders aufgrund der Dreifachbelastung, doch für seine Entwicklung dennoch eine wertvolle Saison.
So jung und so reif – was Wanner schon mitbringt
Paul Wanner ist ein kreativer Zehner alter Schule, aber in modernem Gewand. Ein Spieler, der den Zwischenraum zwischen Mittelfeld und Sturm nicht nur erkennt, sondern belebt. Einer, der sich nicht zu schade ist, den Ball unter Druck anzunehmen, aufzudrehen, und den tödlichen Pass zu suchen.
Was ihn auszeichnet:
Ein feiner linker Fuß, das sowohl flache Schnittstellenpässe als auch gefühlvolle Chip-Bälle beherrscht.
Hohe Spielintelligenz: Er erkennt, wann er das Spiel verlangsamen, wann er beschleunigen muss. Oft sind es kleine Bewegungen, die ausreichen, um Gegner aus dem Spiel zu nehmen.
Torgefahr aus der Tiefe: Seine Abschlussqualitäten sind bemerkenswert – er kommt regelmäßig zu Abschlüssen, besonders wenn er als Halbraumspieler in den Strafraum zieht.
Beispiele gefällig? Sein Premierentor für Heidenheim – ein wuchtiger Distanzschuss nach Ballgewinn im Mittelfeld – war ein Musterbeispiel für Mut, Technik und Übersicht. Generell zeigte Wanner zu Saisonbeginn eindrucksvoll, was in ihm steckt.
Paul Wanner for Heidenheim in this Season so far.😮💨
— 𝘽𝙚𝙣𝙟𝙞𝙁𝘾𝘽 ¹⁷ (@Official_Benji_) September 6, 2024
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Räume lesen wie ein Buch
Was Wanner besonders macht, ist seine Fähigkeit, Räume zu besetzen, bevor sie entstehen. Er antizipiert Laufwege, stellt sich in Zwischenlinienzonen auf und fordert aktiv den Ball. Dabei erinnert sein Bewegungsspiel in manchen Sequenzen an einen jungen Kai Havertz – nicht in der Körperlichkeit, aber in der Raumdeutung.
Seine Heatmaps zeigen: Er agiert gerne im linken Halbraum, taucht aber auch auf der Zehn auf oder weicht auf den Flügel aus, um Überzahlsituationen zu schaffen. Diese Flexibilität macht ihn wertvoll – besonders in Systemen, die auf Rotation und vertikales Spiel setzen.
Noch ein Rohdiamant – was ihm (noch) fehlt
So vielversprechend Wanners Gesamtpaket ist – er ist noch kein fertiger Spieler. Vor allem im physischen Bereich muss er zulegen. In direkten Zweikämpfen gegen gestandene Bundesliga-Sechser wie beispielsweise einem Andrich oder Stach geht er oft noch unter.
Auch seine Entscheidungsfindung unter hohem Druck lässt manchmal noch zu wünschen übrig. In engen Räumen nimmt er gerne einen Kontakt zu viel, sucht das Dribbling, wo der Pass einfacher wäre. Typisch Jugendfußballer – aber auf diesem Niveau eine Schwäche, die Spiele entscheiden kann.
Dazu kommt: In der Rückrunde bei Heidenheim wirkte er in Phasen müde, weniger spritzig. Das zeigt: Die Belastung über 34 Spiele auf hohem Niveau plus internationales Geschäft ist für ihn noch Neuland.
Hermann Gerland speaks about Paul Wanner: "If I'd had Paul's talent, I would have played about 100 games for Bayern at 19, his age
— Bayern & Germany (@iMiaSanMia) June 11, 2025
Paul was once in the dressing room at a Bayern first team game. I grabbed him and talked to him about a game against Heidenheim's youth team, which… pic.twitter.com/f6OCX8gejh
Werder Bremen – das richtige Sprungbrett?
Warum also Werder? Ganz einfach: Der Trainer. Horst Steffen, Wanners Förderer aus Elversberg, steht seit diesem Sommer an der Seitenlinie der Grün-Weißen. Die beiden kennen sich, verstehen sich – und Steffen hat bewiesen, dass er Wanner nicht nur einsetzen, sondern weiterentwickeln kann.
Taktisch passt Wanner perfekt in das geplante 4-2-3-1 oder das flexible 4-3-3, das Steffen bevorzugt. Auf der Zehn würde er das kreative Zentrum geben, hinter einem Mittelstürmer wie Ducksch oder eventuell einem neuen, physisch starken Neuner. Alternativ könnte Wanner als linker Achter agieren – ein bisschen wie Götze bei der Eintracht: zwischen Spielmacher und Raumdeuter.
Zudem fehlt es Bremen aktuell an kreativem Punch aus dem Zentrum. Während Romano Schmid eher ein Verbindungsspieler ist und Leonardo Bittencourt an Dynamik eingebüßt hat, könnte Wanner genau das fehlende Glied in der Kette sein – mit jugendlichem Elan, Spielwitz und vertikaler Energie.
Hat Steffen auch schon versucht, Wanner & Asllani zu überzeugen?
— worum.org (@worum_org) July 7, 2025
"Ich glaube: die Jungs, die mich kennen, brauchen keine richtige Überzeugungsarbeit mehr (...)
Sind sicherlich Jungs, die ganz interessant sind, die ich gut finde & mit denen ich eine gute Zusammenarbeit hatte."
Die Leihe mit Fallstrick?
Bremen will Wanner – das steht fest. Doch der Knackpunkt ist die Kaufoption. Während Bayern lieber ein Leihmodell ohne Kaufpflicht bevorzugt, pochen die Hanseaten auf eine Option zum Verbleib. Aus Bremer Sicht logisch: Man möchte kein reiner Ausbildungsverein sein beziehungsweise werden.
Doch genau das könnte den Deal platzen lassen. Denn Wanner selbst hat andere Optionen: Stuttgart, als Europa-League-Teilnehmer, ist im Rennen. Jedoch baggern die Schwaben gleichzeitg am Griechen Giannis Konstantelias von PAOK Saloniki. Auch internationale Adressen wie PSV Eindhoven wurden gehandelt. Wanners Ziel ist klar: Er will sich auf europäischer Bühne beweisen. Und das kann Bremen aktuell (noch) nicht bieten.
New Werder Bremen coach Horst Steffen has spoken to Paul Wanner, with whom he worked in Elversberg, to convince him to move to Bremen. Wanner, however, currently prefers other options and would like to play in Europe. A move to Werder is currently unlikely [@BILD] pic.twitter.com/x1uThavoXe
— Bayern & Germany (@iMiaSanMia) July 3, 2025
Die Gretchenfrage: Spielzeit oder Prestige?
Stuttgart wäre der größere Name, die größere Bühne. Aber auch die härtere Konkurrenz. Mit Spielern wie Stiller, Führich oder Millot ist der Platz auf der Acht oder Zehn hart umkämpft. Zudem wurde mit Noah Darvich erst ein 18-jähriger Zehner verpflichtet und im Kampf um Konstantelias hat man zuletzt Fortschritte gemacht.
In Bremen dagegen: Planstelle frei. Ein Umfeld, das Talente wieder mehr fördern möchte. Ein Trainer, der Wanner vertraut. Und ein Klub, der durch seine Fans, sein Stadion und seine Geschichte reizvoll bleibt – auch ohne Europa.
Der #VfB verpflichtet Noah #Darvich vom FC Barcelona. Der Offensivspieler erhält einen Vertrag bis 2029.
— VfB Stuttgart | Pokalsieger 2025 (@VfB) July 1, 2025
🗞️ Zur Meldung: https://t.co/uASOgVCwBd#VfB #Darvich2029 | [Anzeige] Egetrans pic.twitter.com/49a0BZDPQU
Fazit: Zwischen Reifeprüfung und Reizüberflutung
Paul Wanner steht am Scheideweg. Mit 19 Jahren hat er Bundesliga-Erfahrung gesammelt, U21-Länderspiele absolviert und gezeigt, dass er mehr ist als ein Jugendspieler mit Vorschusslorbeeren. Doch der nächste Schritt muss nun sitzen und wohl überlegt sein. Keine Leihe ohne Mehrwert. Kein Warten auf Einsatzzeiten. Sondern: Verantwortung übernehmen und Erfahrung sammeln.
Werder Bremen könnte genau das bieten: Minuten, Vertrauen, Systemverständnis. Und trotzdem Raum zum Wachsen. Ein Jahr unter Steffen – mit klarer Rolle – könnte für Wanner der entscheidende Entwicklungsschritt sein. Doch nach der Verletzung von Jamal Musiala könnte plötzlich auch ein Verbleib in München möglich werden, sofern er sich dort der Konkurrenz stellen möchte. Sicherlich wird er hier aber dennoch nicht die Spielzeit erhalten, wie sie bei anderen Klubs wahrscheinlich möglich wäre.