Was gibt es
schöneres als eine Prognose für die 2. Liga zu machen und dann zu
sehen, wie bereits am 1. Spieltag schon wieder alles anders läuft:
Beide Bundesliga-Absteiger verlieren, Teams aus der unteren
Tabellenhälfte, inkl. Drittliga-Aufsteiger Bielefeld kommen mit
Kantersiegen um die Ecke und Schalke 04, das vermeintliche
Dauersorgenkind, zeigt auf einmal wieder Tugenden, die man so gefühlt
seit dem letzten Bundesliga-Abstieg nicht mehr in der Veltins-Arena
gesehen hat. (Bild: IMAGO / Maximilian Koch)
Wer hierzu unsere ausführliche Zweitligavorschau noch einmal in voller Länge hören
möchte, dem sei nochmal unser Podcast WER TRIFFT HAT RECHT ans Herz gelegt, wo wir alle Teams, wie auch deren Transferfenster in
unserer Expertenrunde besprechen:
Hier sonst zu unseren Überraschungen des 1. Spieltags:
FC SCHALKE 04
Schalke 04 ist möglicherweise sogar die (!) Überraschung des ersten Spieltags. Denn insbesondere zu der Art und Weise, wie man den absoluten Top-Favoriten Hertha BSC am Ende mit 2 : 1 schlug, lässt sich nur eines sagen: Das königsblaue Biest ist wieder erwacht.
Mit knapp 80.000 Leuten auf den Rängen schafften es die Fans hier von Anfang an einen Orkan auf Schalke zu entfachen, der gefühlt von der Ruhr bis zur Donau alles mitriss, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Auch auf die Mannschaft wirkte sich diese unglaubliche Wucht sofort aus. Dank aggressiven Pressings und unglaublich laufintensiven Einzelleistungen der Schalker wirkten die Herthaner fast die gesamte erste Halbzeit nahezu wie komplett überrumpelt, weswegen es dann auch durch Tore von Sylla und Neuzugang Katic bereits nach 25 Minuten 2:0 stand.
Erst in der zweiten Hälfte merkte man, dass der unglaublich intensive und kämpferische Spielstil von Trainer Miron Muslic über eine ganze Saison hinweg vielleicht für die Spieler doch etwas anstrengend werden könnte, beziehungsweise den Königsblauen hier bislang noch ein paar insbesondere physisch-hochwertige Backups für einige Positionen fehlen. Dass allerdings insbesondere junge Talente wie Vitalie Becker (20) und Sofiane El-Faouzi (23), ein Top-Spiel ablieferten, macht dann aber umso mehr Hoffnung und zeigt, dass Schalke und gute Jugendarbeit noch immer zusammen gehört.
Was aber viel wichtiger ist: Nach all den Jahren sah man über weite Strecken des Spiels zum ersten Mal wieder ein Schalke 04, welches nicht auf der Suche nach sich selbst war, sondern sich zu 100 Prozent seinen Stärken bewusst war: Kämpfen, Laufen, Malochen!
Hierzu passen auch die Ansagen von Miron Muslic, der sich innerhalb kürzester Zeit von einer riesigen Wildcard zu einem absoluten Fanliebling entwickelte:
Selbst
als es hinten heraus durch einen Anschlusstreffer in der 89. Minute
nochmal eng wurde, ließ sich die Mannschaft aus Gelsenkirchen nicht
aus der Ruhe bringen, so dass man mindestens gespannt drauf sein
kann, wie das in den nächsten Spielen, z.B. beim Auswärtsspiel
nächste Woche gegen den 1. FC Kaiserslautern, weiter
gehen wird und ob sich gewisse Kickfieber-Redakteure – mir
inklusive – doch nochmal für unsere Prognosen bzgl. „Enttäuschung
der Saison“ entschuldigen müssen.
ARMINIA BIELEFELD
Von mir bereits in unserer Zweitligaprognose als „Überraschungsteam der Saison“ gekürt, zeigte die Arminia nun auch in Liga 2, dass große Namen auf die Arminen keinen Eindruck machen. So wie es bereits Freiburg, Union Berlin, Bremen oder Leverkusen in der vergangenen DFB-Pokal-Saison erfahren mussten (wo sich die Bielefelder gegen gleich vier Bundesligisten bis ins Finale durchkämpften) musste nun auch Fortuna Düsseldorf – eine Mannschaft, die letzte Saison bis zum letzten Spieltag um den Aufstieg mitspielte – mit einer 1:5 Klatsche erfahren, dass eine Arminia im Flow schon jetzt höchstwahrscheinlich zu den am unangenehmsten zu bespielenden Mannschaften der neuen Saison gezählt werden muss.
5 Tore, geschossen von 5 verschiedenen Torschützen sprechen hier hinzu noch eine deutliche Sprache, was den Teamzusammenhalt angeht. Dies zeigte sich schon in der letzten Saison: Bei Arminia Bielefeld gibt es nicht den einen Star, sondern der Star war und bleibt die Mannschaft, selbst da, wo man beinahe den DFB Pokal gewinnen konnte.
Wenn auch – auch dies gehört zur Wahrheit über diesen 5:1 Sieg dazu – der Star bei diesem Spiel zuweilen Bielefelds zwölfter Mann auf dem Feld war - in dem Fall leider ein Mann mit einer Trillerpfeife in der Hand.
Denn sowohl die gelbrote Karte gegen Tim Oberdorf als auch der Handelfmeter für Bielefeld - plus dann noch die zehn Minuten Nachspielzeit - waren mindestens mal diskussionswürdige Schiedsrichterentscheidungen, die zumindest dafür sorgten, dass das Ergebnis für Bielefeld am Ende dann vielleicht doch 1-2 Tore zu hoch war.
Dennoch kann man auf Arminia Bielefeld weiterhin gespannt sein, die nächste Woche auswärts gegen Bundesliga-Absteiger Holstein Kiel ran müssen, bevor es dann bereits zum direkten Drittliga-Aufsteigerduell gegen Dynamo Dresden kommt. Arminia Bielefeld - Eine Mannschaft die definitiv im Verlauf der Saison noch für ordentlich Spektakel sorgen wird, so viel ist sicher.
DARMSTADT 98
Bereits in unserer Zweitligavorschau wurde schnell klar, dass kein Verein, was die kommende Zweitligasaison angeht, ein so großes Fragezeichen ist, wie Darmstadt 98. Gleich zwei unserer Redakteure, inklusive mir, tippten sie in die Relegation, allerdings war es einmal die Relegation in die dritte Liga, einmal die in die erste Liga.
Dennoch zeigte sich in diesem 4 : 1 Sieg gegen Bundesliga-Absteiger VFL Bochum wieder eins, nämlich dass es nach wie vor kaum einen so starken Motivationscoach gibt wie Darmstadt-Trainer Florian Kohfeldt – zumindest dann, wenn nicht verloren wird.
Wann immer Kohfeldt keine Niederlagen erklären musste, sondern eine Kabine vor sich hatte, die im Flow war oder sich auf neue Herausforderungen freute, waren die Spieler auch in der Vergangenheit z.B. bei Werder Bremen stets bei ihm und dankten es mit teilweise furiosen Leistungen.
Das geschah auch bei diesem 4 : 1 Sieg gegen völlig unsortierte Bochumer, wo sich vor allem ein Spieler ganz klar absetzte: Der schwedische Stürmer Isac Lidberg, der hier gleich drei mal einnetzte und gleich zu Beginn der Saison zeigte, warum man ihn zu Recht als einen der Favoriten auf die Torjägerkanone auf dem Zettel haben sollte. Und so stark der Sturm der Darmstädter mit Fraser Hornby, Killian Corredor oder Neuzugang Bartosz Bialek auch ist - der Verbleib von Isac Lidberg wird ganz entscheidend für den Erfolg der Lilien sein.
Denn sollte Darmstadt 98 die Euphorie halten können, dann – das haben Kohfeldt-Mannschaften in der Vergangenheit immer gezeigt – könnte das tatsächlich noch weit gehen. Sollte aber – was man bei dieser Mannschaft (siehe letzte Saison) nie ausschließen darf, auf den 4 : 1 Sieg auf einmal nächste Woche eine 1 : 3 Niederlage gegen Nürnberg folgen, kann das auch schnell wieder in eine ganz andere Richtung gehen.
Dennoch Hut ab für diese großartige Leistung mit einer der vielleicht von vielen (inklusive mir) am meisten unterschätzten und torgefährlichsten Offensiven der Liga.
Und Hut ab - für die immer noch spannendste und unberechenbarste Liga in Deutschland.