Der Abgang von Massimiliano Allegri bei Juventus am Saisonende scheint unausweichlich zu sein, aber viele, darunter auch der italienische Trainer, würden ihn als ungerecht empfinden, vor allem wenn die Bianconeri ihre Ziele in dieser Saison erreichen. (Bild: IMAGO / sportphoto24)
"Als wir die Saison begannen, war das Ziel die Qualifikation für die Champions League, und der Verein hat es bestätigt", sagte Allegri am Freitag am Vorabend des trockenen 0:0-Unentschiedens gegen Turino im Derby Della Mole.
"Das andere Ziel war die Coppa Italia. Es ist wichtig, noch im Rennen zu sein. Viele Dinge werden normalerweise erst im letzten Monat entschieden, aber hier zu sein ist wichtig. Jetzt müssen wir unsere gesteckten Ziele erreichen."
Allegri bleibt pragmatisch
Diese wenigen Zeilen erklären perfekt die Mentalität und den Pragmatismus von Allegri. Der in Livorno geborene Trainer sah die Bianconeri in dieser Saison nie als glaubwürdigen Titelanwärter, obwohl er der bestbezahlte Trainer der Liga ist und das Team mit den höchsten Gehaltskosten führt.
Die einzige Sommerverpflichtung war Timothy Weah, und auch wenn die Bianconeri alle ihre Stars behalten haben, haben sie im Sommertransferfenster 2023 nicht so viel investiert wie Milan und Inter. Selbst als Juventus nur zwei Punkte hinter den Nerazzurri lag und die meisten Spieler die Titelträume der Alten Dame nährten, bestand Allegri darauf, dass das Hauptziel die Qualifikation für die Champions League sei. Letztlich hatte er damit nicht unrecht.
⚪️⚫️ Allegri on his future: “Main focus is on reaching the Champions League spot, then Juventus as a club will make the best decision”.
— Fabrizio Romano (@FabrizioRomano) April 12, 2024
↪️ Feeling remains clear: Allegri, expected to part ways with Juve at the end of the season. pic.twitter.com/Q7BXS3qo7e
Gesteckte Saisonziele noch erreichbar
Der 56-Jährige hatte auch abseits des Platzes Ziele, wie zum Beispiel die Einführung von mindestens drei NextGen-Spielern in der ersten Mannschaft, um den Kader auf lange Sicht nachhaltiger zu machen. Die Bianconeri liegen derzeit auf dem dritten Platz der Serie A, obwohl sie von den letzten 11 Ligaspielen nur zwei gewonnen haben.
Außerdem schlugen sie Lazio im Halbfinal-Hinspiel der Coppa Italia letzte Woche. Für Allegri bedeutet dies, dass er im Rennen ist, um alle Ziele des Vereins für 2023/24 zu erfüllen. Dies könnte jedoch nicht ausreichen, um seinen Job zu behalten.
Obwohl sein Vertrag im Juni 2025 ausläuft, behaupten mehrere Quellen in Italien, dass Allegris Zukunft immer ungewisser wird und selbst Cristiano Giuntoli hat nicht garantiert, dass der in Livorno geborene Trainer über den Sommer hinaus im Amt bleibt.
Allegri: "Müssen uns alle auf das diesjährige Ziel konzentrieren!"
Die defensive Spielweise von Juventus und die schlechten Ergebnisse im Jahr 2024 führten zu Unsicherheiten über die langfristige Zukunft von Allegri im Verein.
"Im Moment müssen wir uns alle auf das diesjährige Ziel konzentrieren. Wir arbeiten alle zusammen, um sicherzustellen, dass Juventus im nächsten Jahr in der Champions League spielt. Von dort aus wird der Klub die Strategien für die Zukunft festlegen", betonte Allegri gegenüber den Medien.
Allegris Spielweise frustriert
Die Bianconeri haben in dieser Saison in 32 Spielen nur 45 Tore erzielt, so wenig wie seit 25 Jahren nicht mehr in dieser Phase der Saison. Noch besorgniserregender ist die Leistung von Juventus zu Hause, wo man zusammen mit Cagliari auf Platz acht liegt, was das Erzielen von Toren angeht. Und das, obwohl sie über eine Reihe von starken Offensivspielern wie Vlahovic, Chiesa, Yildiz, Milik und Kostic verfügen.
Ein genauerer Blick auf die Statistiken verdeutlicht die Offensivprobleme von Juventus. Die Bianconeri rangieren in der Serie A bei den erwarteten Toren (xG) aus dem Spiel heraus auf einem enttäuschenden 6. Platz, mit einem Durchschnitt von nur 0,95 xG pro Spiel, was weniger als einem Tor pro Spiel entspricht.
Fußball aus den 80er?
Paradoxerweise liegt Juventus Turin bei den erwarteten Toren aus dem Spiel heraus an der Spitze der Tabelle, was zeigt, dass man sich zu sehr auf Flanken und Ecken verlässt.
Das Fokussieren auf Standards ist Ausdruck von Allegris taktischem Ansatz, der von Kritikern spöttisch als "Brexit-Fußball" bezeichnet wird und an die englische Division 1 der 80er Jahre erinnert. Allegris konservative Taktik scheint im Widerspruch zu Juventus' Tradition des expansiven, fließenden Fußballs zu stehen und lässt die Fans desillusioniert und frustriert zurück.
Kommt Thiago Motta im Sommer?
Immer mehr Juventus-Spieler, darunter auch Stürmerstar Federico Chiesa und Dusan Vlahovic, scheinen deshalb frustriert zu sein, und die meisten Anhänger der Bianconeri erwarten für 2024/25 einen Neuanfang mit einem neuen Trainer, möglicherweise Thiago Motta aus Bologna.
Doch auch wenn die laute Mehrheit in den sozialen Medien Allegri am Ende der Saison entlassen sehen will, sind nicht alle Juventus-Fans mit der bisherigen Arbeit des Trainers einverstanden. Bei den letzten Heimspielen riefen die Ultras in der Curva Sud Allegris Namen, während ein Teil der normalen Fans den italienischen Taktiker ausbuhte.
Chiesa has issues with Allegri but his performances are not up to scratch and Juventus is reflect on his future. However the club is negotiating a ‘bridge’ deal extending his current contract to 2026 with the hope of possibly selling him if he has a good a Euros. Fede is also… pic.twitter.com/XrZAnEizyo
— JuveFC (@juvefcdotcom) April 17, 2024
Hat Juventus überperformt?
Allegris Supporter bleiben bei der Meinung, dass der Kader trotz der
hohen Gehaltskosten, nicht der beste im italienischen Oberhaus ist und
die alte Dame in der Hinrunde einfach nur über ihrem Level performt hat
und sich nun ins wahre Leistungsvermögen einordnet.
Wenn man den Kader mit dem aus den Meisterjahren vergleicht, dann muss jeder Juve-Tifoso zugeben, dass er bei weitem nicht mehr dasselbe Niveau hat. Natürlich muss sich aber auch Allegri die Kritik gefallen lassen, dass seine Spielphilosophie sehr uninspiriert und unflexibel wirkt und nicht schön anzuschauen ist.
Entlassung auch bei Coppa Italia-Sieg?
Wie Ex-Stürmer Alessandro Matri kürzlich erklärte, scheint der Abschied von Allegri am Ende der Saison unausweichlich zu sein. Juventus hat in den letzten Monaten keine Entwicklung gezeigt, und man hat das Gefühl, dass einige Schlüsselspieler und sogar der Trainer die Nase voll haben und im Sommer neue Motivation brauchen.
Gleichzeitig läuft Allegris Vertrag noch ein Jahr, und wenn Juventus am Ende der Saison die Champions League und die Coppa Italia gewinnen würde, hätte der Trainer alle Ziele erreicht, so dass viele, auch er selbst, seine Entlassung als ungerecht empfinden würden.
Doch das lange Leistungstief seiner Truppe könnte darauf hinweisen, dass er das Team mit seiner Spielweise nicht mehr erreicht. Daher wird Allegris Job, selbst wenn er alle Saisonziele erreicht, davon abhängen, ob die „alte Dame“ zum Ende der Saison wieder konstant performt. Sollte das nicht der Fall sein, dann scheinen Allegris Tage in Turin gezählt…