„Ich habe noch nie jemanden gesehen, der in diesem jungen Alter das Spiel schon so sehr verstanden hat!“, lobte Penarol-Coach Bengoechea den damals 16-jährigen Valverde nach seiner ersten Trainingseinheit für die erste Mannschaft des größten Verein Uruguays. Nur ein halbes Jahr später, im zarten Alter von 17 Jahren, hatte der junge „Pajarito“ bereits sechs Startelfeinsätze und sein ersten internationales Topspiel in der Copa Libertadores (ihm gelang sogar ein Assist) auf dem Konto.
Sein Durchbruch war in vollem Gange und wurde durch den Sieg im Finale der heimischen Liga, in dem er 120 Minuten auf dem Grünen stand, abgerundet. Bei seinem ersten Titel im Profibereich war er gewiss kein Nebendarsteller, denn mit seinem Wirken wertete er eine fußballerisch oft orientierungslose Mannschaft mit seiner spielerischen Stärke und Führungskompetenz auf.
Alle Verantwortlichen der „Carboneros“ waren sich im Klaren, dass hier ein Ausnahmetalent am Werk war. Doch auch den Königlichen aus Madrid war dies nicht entgangen, denn sie hatten ihre Scouts tief im Süden Südamerikas verschanzt, welche sofort zuschlugen. Im Sommer 2016 wechselte Valverde für eine stattliche Ablöse von fünf Millionen Euro in Spaniens Hauptstadt und kam in der Castilla, Reals zweiter Mannschaft, zum Einsatz.
Das Abenteuer Europa beginnt!
Oftmals tun sich junge Spieler schwer mit solch einem großen Umschwung: Ein neues Land, neue Traditionen, Klimaänderungen und primär damit, eine neue Art des Kickens zu erlernen. Doch nicht so beim Mittelfeldmann. Castilla-Coach Solari war sehr angetan über das rasche Adaptieren des Juwels, da er sein Positionsspiel und seine defensiven Skills in kürzester Zeit ungemein aufwerten konnte und sich somit nachhaltig für eine Leihe im Sommer letzten Jahres zu Deportivo La Coruna empfehlen konnte.
Doch bevor der Rechtsfuß das Abenteuer in Spaniens höchster Spielklasse antreten durfte, galt es noch die U20-WM mit der „Mini-Celeste“ zu bestreiten, welche man auf einem beeindruckenden vierten Platz abschloss. Darüber hinaus wurde Valverde zum zweitbesten Spieler des Turniers gekürt - mit dem „Silbernen Ball“ im Gepäck ging es anschließend zu „Depor“.
Sinnbild der Stadt ist die Statue von Maria Pita, einer Heldin aus dem 16. Jahrhundert, die La Coruna vor einer Invasion rettete. Doch im Gegensatz zur altehrwürdigen Heroin konnte das Ausnahmetalent die Hafenstadt nicht vor dem nahenden Unheil schützen. Die Saison verlief nämlich für den einmaligen spanischen Meister alles andere als rosig und man stieg am Ende gar als Drittletzter ab.
Eine Verletzung lässt Träume zerplatzen
Wenngleich der junge Edeltechniker den Abstieg des spanischen Traditionsclubs aus La Liga nicht verhindern konnte, so war der Wechsel für seine persönliche Entwicklung enorm wertvoll. Valverde gehörte mehr oder weniger zum Stammpersonal der Galicier und lieferte bis zu seiner schweren Knieverletzung in der Rückrunde beeindruckende Kostproben seines Könnens ab.
Oscar Tabarez, Nationaltrainer Uruguays, entschied sich jedoch aufgrund der langen Ausfallzeit gegen den viermaligen Nationalspieler und fuhr ohne ihn nach Russland. Ein Entscheidung, die er wohl spätestens nach dem Ausscheiden gegen Frankreich bereut haben dürfte. Denn gerade nach dem Rückstand gegen die „Équipe Tricolore“ hätte das Ausnahmetalent einer spielerisch limitierten „Celeste“ den entscheidenden offensiven Impuls verleihen können.
Genug über den Background des Youngsters, nun geht es an die Essenz seines Schaffens! Wie diese genau aussieht, erfährst du jetzt:
Stärken:
Einer seiner größten Vorzüge ist tatsächlich, dass er keine signifikanten Defizite besitzt. Valverde verfügt über ein enorm vielfältiges Repertoire, dass viele seiner Trainer sich uneins über dessen beste Position sind. Während er bei der U20-WM in Südkorea 2017 als klassischer Zehner zum Einsatz kam, sieht man ihn im Real-Lager eher als Sechser, welcher das Spiel aus der Tiefe aufzieht.
Sein exzellentes und variables Passspiel kombiniert mit einer starken Antizipationskraft prädestinieren ihn sogar dafür als alleiniger Sechser aufzulaufen, da er viele Pässe des Gegners mit Leichtigkeit abläuft. Genau wie sein großes Vorbild Toni Kroos vereint er pure Spielintelligenz, Konstanz und Rhythmusgefühl in sich.
Exakt wie der deutsche Nationalspieler verlagert er das Spiel, wenn es von Nöten erscheint, und setzt dadurch seine Mitspieler gekonnt in Szene. Ist er einem unangenehmen Pressing ausgeliefert, so schafft er es dank seiner ausgezeichneten Technik die Situation spielerisch zu lösen. Neben seinen strategischen Skills ist „Fede“ als Box-to-Box-Player gleichermaßen wirkungsvoll.
Oftmals geht er in dynamischer Manier weite Wege für sein Team, profitiert dabei von seiner ordentlichen Geschwindigkeit und Ausdauer. Erstmal im letzten Drittel angekommen, kann er dank seiner Übersicht den tödlichen Pass spielen oder per Fernschuss den Torwart herausfordern. Denn seine Fernschüsse sind für sein Alter schon weit ausgereift und es bedarf nur noch der letzte Feinschliff, um die höchste Effektivität zu erlangen.
Schwächen:
Um auf allerhöchstem Niveau bestehen zu können, muss der Südamerikaner körperlich jedoch unbedingt zulegen, denn ohne die notwendige Durchsetzungskraft wird es schwer seine Qualitäten ausspielen zu können. Auch wenn Valverde in der Offensive Akzente setzen kann, fehlt ihm noch die Effizienz, Tore direkt vorzubereiten oder gar selbst zu treffen.
Darüber hinaus fällt es ihm noch schwer sein komplettes Leistungsspektrum auf La Liga-Niveau nachzuweisen. Wäre das der Fall, würde er vermutlich zu einem Protagonist auf der iberischen Halbinsel avancieren und könnte sich vor Angeboten kaum mehr retten.
Prognose:
Die Kombination aus Allrounder-Qualitäten und einer für sein Alter untypischen Reife machen Valverde zu einem der spannendsten Talente weltweit. Dieser konnte in der abgelaufenen Saison im Dienste von La Coruna ohne Zweifel sein immenses Potenzial andeuten, jedoch sollte der amtierende CL-Sieger eine weitere Leihstation in Betracht ziehen, damit das Juwel den nächsten Schritt in seiner Entwicklung vollziehen kann.
Auf der Bank der Galaktischen zu schmoren, wäre für Real Madrid und ihn selbst absolut kontraproduktiv, denn dieser Rohdiamant muss weiterhin geschliffen werden, um den höchsten Glanz zu erlangen. Bei gleichbleibender Entwicklung könnte er langfristig in die Fußstapfen von Toni Kroos hineinwachsen und als neuer Dirigent das weiße Ballett zu neuen Triumphen führen.