Borussia Dortmund spielt trotz der sportlich zuletzt schwierigen Wochen eine sehr gute Saison und bietet dem FC Bayern München weiterhin an der Tabellenspitze die Stirn. Die Erwartungen und Zielsetzungen von vor der Saison wurden bislang übertroffen, besonders im Hinblick auf die Bundesliga. Doch gelegentlich wurden Trainer Lucien Favre personelle Probleme zum Verhängnis oder es fehlten schlichtweg die qualitativ hochwertigen Alternativen für eine Rotation und so mussten manche Spieler einer sehr hohen Belastung ausgesetzt werden, was wiederum zu einem erhöhten Verletzungsrisiko führte. Auf welchen Positionen sollten die Borussen also personell im Sommer nachlegen, um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen?
Bürki mit starker Saison
Vor der Saison gab es in der öffentlichen Wahrnehmung bereits Bedenken, ob Roman Bürki nach der eher schwachen letzten Spielzeit wieder zurück zu alter Form findet. Deswegen forderten viele Fans und zum Teil auch Experten einen ernsthaften Konkurrenten für den Schweizer. Am Ende kam vom FC Augsburg Landsmann Marwin Hitz, ein Transfer ohne großes Risiko. Zwar war man zunächst skeptisch, doch die beiden Eidgenossen machen einen souveränen Eindruck und auch Eric Oelschlägel machte seine Sache im DFB-Pokal nicht schlecht. Zwar hat Oelschlägel bislang keinen Vertrag für die kommende Saison, doch mit Luca Unbehaun steht bereits eines der größten Torwart-Talente Deutschlands bereit, dessen Rolle einzunehmen. Bürki gehört aktuell sogar zu den besten Torhütern der Bundesliga, weswegen man im Tor erstmal keinen Handlungsbedarf haben dürfte.
Große Probleme gab es allerdings vermehrt in der Verteidigung. Besonders im Zentrum drückte zwischendurch ordentlich der Schuh. Aufgrund der langfristigen Ausfälle von Manuel Akanji und Dan-Axel Zagadou standen sogar lediglich Abdou Diallo und Ömer Toprak zur Verfügung. Doch Diallo musste öfters als Linksverteidiger aushelfen und auch Toprak war nicht vom Verletzungspech verschont, weshalb sogar der defensive Mittelfeldspieler Julian Weigl aushelfen musste, seine Sache aber auch sehr gut machte. In der Winterpause reagierte man und griff mit der Verpflichtung von Leonardo Balerdi auf den Sommer vor. Selbst bei einem möglichen Abgang von Ömer Toprak hätte man also vier gelernte Innenverteidiger zur Verfügung, Handlungsbedarf besteht also keiner.
Schwierigkeiten auf außen
Grundlegend anders sieht es dagegen bei den Außenverteidigern aus. Mit Marcel Schmelzer, Real-Leihgabe Achraf Hakimi und Lukasz Piszczek stehen lediglich drei etatmäßige Spieler zur Verfügung. Piszczek und Schmelzer plagten sich bislang immer wieder mit Verletzungen herum, weswegen Hakimi quasi jedes Spiel absolvieren musste. Deswegen wirkte der Marokkaner zuletzt auch überspielt, leistete sich viel zu einfache Fehler. Schmelzer ist zwar mittlerweile wieder fit, spielt allerdings unter Favre so gut wie keine Rolle mehr. Stattdessen halfen entweder Diallo links hinten oder zuletzt auch Marius Wolf rechts hinten aus.
Da Hakimi nur ausgeliehen ist und ein fester Transfer im Sommer 2020 vermutlich schwer wird, muss man sich dringend Gedanken um die Zukunft machen. Mit Marius Wolf lernt man aktuell einen gelernten Offensivspieler zum Rechtsverteidiger um, ähnlich wie es damals bei Piszczek der Fall war. Möglich also, dass dies zur Dauerlösung wird. Trotzdem fehlt noch mindestens ein neuer Spieler, um die Belastung besser verteilen zu können. Die aktuell verliehenen Jeremy Toljan und Felix Passlack werden eher keine Rolle mehr spielen. Ein neuer Linksverteidiger sollte am Ende kommen. Viele Gerüchte gibt es bereits, doch was ist dran?
Kieran Tierney von Celtic Glasgow und Dalbert von Inter Mailand sind wohl zu teuer, da beide erst ab 25 Mio. Euro zu haben sein dürften. Deutlich realistischer wären da schon Robin Gosens von Atalanta Bergamo und Philipp Max vom FC Augsburg. Doch passen die beiden Spieler ins Beuteschema und zeigen sie die notwendigen Qualitäten für den BVB? Diese Frage wird man sich stellen müssen.
Die heißeste Spur führt allerdings nach Spanien. Marc Cucurella, mit Kaufoption derzeit vom FC Barcelona an SD Eibar ausgeliehen, würde vom Spielstil her vermutlich am besten nach Dortmund passen. In Spanien heißt es in letzter Zeit öfters, dass die Katalanen ihn dank einer Rückkaufoption zurückholen und direkt an den BVB weiterverkaufen. Zudem schloss sich der Spanier zuletzt einer deutschen Spielerberatungsagentur an. Ein Zufall? Für viele Experten eher nicht, ein Wechsel nach Deutschland soll bevorstehen.
Bleibt Weigl?
Im zentralen Mittelfeld erkennt man auf den ersten Blick keine Probleme. Mit Axel Witsel und Thomas Delaney hat man zwei Führungsspieler, die meistens in der Startaufstellung stehen und absolut vorangehen. Doch was ist mit dem zweiten Anzug?
Julian Weigl fand zuletzt seine Form wieder und spielte auch in der Innenverteidigung auf hohem Niveau. Ein Verbleib über den Sommer hinaus könnte jedoch schwierig werden, denn im Winter wollte Thomas Tuchel ihn bereits nach Paris holen und auch im Sommer wird dies wieder ein Thema sein. Weigl selbst wäre wahrscheinlich im Winter gegangen, wenn die Verantwortlichen kein Wechsel-Verbot ausgesprochen hätten. Ob der ehemalige deutsche Nationalspieler also im Ruhrgebiet bleibt, muss man abwarten.
Der vierte Mann ist Mahmoud Dahoud, doch dieser schafft keine Konstanz in seine Auftritte zu bekommen und stagniert in der Entwicklung. Auch deswegen bekam Witsel nur selten Pausen und wirkte zuletzt mehrmals etwas kraftlos gegen Spielende.
Kommt Eggestein?
Sollte nun im Sommer Weigl gehen und Dahoud seine Form nicht gefunden haben, so wird definitiv Handlungsbedarf da sein. Beschäftigen tut man sich wohl mit den Personalien Maximilian Eggestein und Florentino. Letzterer steht noch bis 2023 bei Benfica Lissabon unter Vertrag und zuletzt gab man bekannt, dass kein Talent unter der Ausstiegsklausel den Verein verlassen wird. Da diese bei 60 Mio. Euro liegt, ist ein Transfer schon fast ausgeschlossen.
Bei Eggestein sieht dies anders aus. Der 22-Jährige von Werder Bremen steht nur noch bis 2020 unter Vertrag, macht sich Gedanken wegen seiner Zukunft. Sowohl eine Vertragsverlängerungen als auch ein Wechsel scheinen möglich zu sein, die Ablösesumme würde sich bei rund 30 Mio. Euro einpendeln. Doch vielleicht heißt die Lösung am Ende auch Tobias Raschl. Den 19-Jährigen hat man zuletzt mit einem Profivertrag ausgestattet und wird ihn zur neuen Saison in den Profikader hochziehen. Seine Fähigkeiten durfte er im Wintertrainingslager Lucien Favre erstmals demonstrieren.
Im offensiven Mittelfeld sah man Probleme, wenn Marco Reus nicht dabei war. Doch einen Spieler mit einer ähnlichen Qualität wird man nur sehr schwer holen können. Zumal dies auch nicht unbedingt notwendig ist, denn Mario Götze zeigt seit Wochen wieder starke Leistungen, ist oft der beste Dortmunder auf dem Platz gewesen. Außerdem gibt es noch einen gewissen Sergio Gomez im Kader, welchen man nicht vergessen, sondern weiter heranführen sollte. Somit braucht man hier eher keinen neuen Spieler zu verpflichten.
Ersatz für Pulisic muss her
Auf den offensiven Außenbahnen stehen mit Raphael Guerreiro, Jacob Bruun Larsen, Jadon Sancho, Marius Wolf und Christian Pulisic starke Akteure im Kader. Auch Maximilian Philipp kann dort aushelfen. Da allerdings Pulisic schon jetzt dem FC Chelsea London gehört und nach der Saison gehen wird sowie Wolf eher als Rechtsverteidiger aufgebaut wird, stehen nur noch drei Spieler zur Verfügung. Diverse Namen geistern durch die Medien. Ob es nun Wilfried Zaha von Crystal Palace oder Allan Saint-Maximin von OGC Nizza ist, ein Spieler folgt dem nächsten.
Am wahrscheinlichsten sind derweil zwei Spieler aus der Bundesliga. Dabei handelt es sich um Julian Brandt und Thorgan Hazard. Zwar betonte Brandt zuletzt, dass er bei Bayer Leverkusen bleiben wolle, doch verpasst das Team von Peter Bosz die Qualifikation für Champions League, könnte ein Abgang wieder ein Thema werden. Für 25 Mio. Euro wäre der deutsche Nationalspieler bei den aktuellen Verhältnissen auf dem Transfermarkt zudem ein regelrechtes Schnäppchen.
Hazard wird mittlerweile seit mehreren Monaten gehandelt und gilt als Favorit auf die Nachfolge von Pulisic. Laut mehreren Medienberichten soll es bereits eine Einigung mit Borussia M’gladbach geben, die Ablösesumme bei 42 Mio. Euro liegen. Dies wäre zugleich der Rekordtransfer für den BVB und die erneute Zusammenarbeit Hazards mit Favre. Vom Spielstil und den Qualitäten her würde der Belgier vermutlich auch optimal nach Dortmund passen.
Die letzte Position ist zeitgleich eine Baustelle. Im Sturmzentrum steht derzeit mit Paco Alcacer lediglich ein gelernter Stürmer. Zwar trifft der Spanier in seiner ersten Saison in der Bundesliga überaus gut, doch er hat ebenso immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Vertreten wurde er dann von Mario Götze, der es ebenso nicht schlecht machte, allerdings die Torgefährlichkeit lange Zeit vermissen ließ und eine Position weiter hinten auf Dauer vermutlich besser aufgehoben ist. Maximilian Philipp spielte auch aufgrund von Verletzungen nur selten eine Rolle, sogar ein Abgang im Sommer scheint möglich zu sein.
Kommt ein weiterer spielstarker Mittelstürmer?
Ein sogenannter Brecher würde dem Kader zwar gut zu Gesicht stehen und wäre auch hilfreich am Ende von engen Spielen, doch einen solchen Spieler will Favre nicht. Der Schweizer möchte einen weiteren spielerisch starken Angreifer holen und so den Kombinationsfußball weiter verbessern. Wer es am Ende werden wird, bleibt abzuwarten. Allerdings muss ähnlich wie auf allen anderen Positionen das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen, damit die Verantwortlichen am Ende zuschlagen.