In unserer neuen Serie "Das Kickfieber-Interview – Heute mit ..." präsentieren wir Euch in jeder Ausgabe ein spannendes Interview mit einem Protagonisten aus der Fußballszene. Dabei erwarten Euch interessante Einblicke hinter die Kulissen der Welt des Fußballs, die mit Sicherheit den einen oder anderen von Euch zum Nachdenken bringen werden.
In der heutigen Ausgabe ist dieser Protagonist Kosi Saka, ehemaliger Bundesligaprofi von Borussia Dortmund und Nationalspieler der DR Kongo.
Herr Saka, Sie sind damals in jungen Jahren mit Ihrer Familie nach Deutschland gekommen. Ihre Kindheit war dementsprechend nicht ganz einfach. Wie war es für Sie, in einem damals noch völlig fremden Land aufzuwachsen und was haben Sie in dieser Zeit vielleicht auch für Ihr Leben gelernt?
Ich bin damals mit 4,5 Jahren nach Deutschland gekommen. In dem Alter war mir natürlich noch nicht bewusst, dass gewisse Dinge auf mich zukommen werden, die Heimatsprache konnte ich allerdings noch nicht. Entsprechend war Deutsch dann auch die erste Sprache, die ich in der Form gelernt habe. Ansonsten war es für mich zu Beginn nicht so schlimm. Lediglich die Kälte war für mich ungewohnt.
Erst mit der Zeit wurde es dann schwerer, wenn man in der Schule gehänselt wurde, weil man die deutsche Sprache eben noch nicht perfekt konnte. Und auch wegen meiner Hautfarbe war es nicht immer einfach. Nach der Einschulung war ich dann auch noch Übersetzer für meine Eltern und musste ihnen so helfen, was für mich in dem Alter auch keineswegs leicht war. Immerhin war ich selber noch in meiner Lernphase und musste nebenbei schon früh die Verantwortung tragen, meinen Eltern wichtige Dinge zu erklären.
Vom SV Gadderbaum Bielefeld ging es für Sie in die Jugend des heutigen Bundesligisten Arminia Bielefeld. Mit diesem Klub verbinden Sie durchaus viel, immerhin hat man Ihnen und Ihrer Familie damals sehr geholfen und Sie unterstützt. Wie sah die Situation damals denn für Sie genau aus?
Arminia Bielefeld bin ich für sehr, sehr viele Sachen dankbar. Man hat uns damals sozusagen aus dem Asylheim herausgeholt, in dem man so gut wie keine Perspektive gesehen hat. Zum Beispiel wollten meine Eltern damals arbeiten gehen, durften aber wegen Auflagen nicht. Auch für mich als Kind war die Situation nicht einfach, denn nach dem Umgang mit anderen Deutschen in der Schule war das restliche Alltagsleben nahezu ausschließlich umgeben von Flüchtlingen und anderen Ausländern.
So war es dann auch schwer, gewissen Dingen zu entkommen. Für mich hieß der Ausweg dann Fußball und insbesondere Arminia Bielefeld, die in mir ein gewisses Talent erkannt haben und mir helfen wollten. Auch mit Blick auf einstige Kollegen oder Klassenkameraden, die mit Drogen abgerutscht sind oder als Prostituierte arbeiten, bin ich der Arminia immer noch immens dankbar. Da stellt sich mir auch ab und an die Frage, was aus mir geworden wäre, wenn man mich nicht da rausgeholt hätte.
Mit dem Wechsel in die Jugend von Borussia Dortmund kamen Sie einer möglichen Profikarriere nun immer näher. Der BVB war damals immerhin eine der stärksten Mannschaften der Bundesliga und holte nur die besten Jugendspieler zu sich. Hatten Sie bereits früher von einer Spielerkarriere geträumt oder realisierten Sie nun Ihre große Chance?
Ich bin ganz ehrlich, ich hätte damals nicht gedacht, was im Fußball überhaupt alles steckt. Das alles ist mir erst später bewusst geworden und auch, was man da alles erreichen kann. Sprich im Alter von 15 oder 16 Jahren. Über die Hilfe von Arminia Bielefeld habe ich mich damals natürlich sehr gefreut, aber ich hätte nicht gedacht, dass das nur vom Fußball ausgeht.
Auch bei Dortmund war mir diese Wucht erst nicht bewusst. Klar, auch damals hat man nur die besten Talente nach Dortmund geholt und hat bis heute eine der besten Jugendabteilungen. Träume in Hinblick auf Profifußball hatte ich aber zunächst trotzdem nicht. Das nahm erst Fahrt auf, als ich dann die ersten Trainingseinheiten mit den Profis absolvierte. Da habe ich das ganze dann mehr und mehr realisiert, als beim Trainingsgelände 5.000 Leute anwesend waren, geklatscht haben und Bilder mit einem wollten. Da wurde dann plötzlich dein Name laut gerufen, die Leute waren immer sehr nett und auch Autogramme wurden immer verlangt, eine ganz andere Welt.
In diesen Momenten wurde man dann die Wucht des Fußballs bewusst und was man alles erreichen kann. Mir war war dann auch klar, dass ich unbedingt Profifußballer werden will und habe alles auf eine Karte gesetzt. Mein tägliches Training war dafür auch förderlich, hatte aber nichts mit dem großen Ziel zu tun. Ich wollte damals auch einfach nur raus, einen freien Kopf bekommen, Spaß haben. Der Fußball mit Freunden stand dabei für mich für Spaß und Freude. In diesen Momenten habe ich dann auch nicht daran gedacht, dass man mit Fußball Geld verdienen könnte.
Im November 2005 war es dann so weit, Sie gaben Ihr Debüt in der Bundesliga. Im Heimspiel gegen Hertha BSC wurden Sie von Trainer Bert van Marwijk eingewechselt. Wie war das Gefühl, in einem solchen Stadion und vor dieser Fankulisse den Platz zu betreten? Hatten Sie Gänsehaut?
Ich kann definitiv behaupten, dass dieser Augenblick und das Gefühl einer der besten in meinem bisherigen Leben war. Jedes Mal, wenn ich an diesen Moment denke oder darüber erzähle, habe ich direkt wieder Gänsehaut und das Gefühl, als würde ich das Stadion jetzt schon wieder beben hören. Ich höre dann förmlich, wie die Zuschauer meinen Namen rufen und Sebastian Kehl mich anbrüllt. Ich habe ihn damals aber nicht wirklich gehört, sondern nur die Bewegungen seiner Mundwinkel wahrgenommen. Mir war nur klar, dass er etwas von mir wollte, jedoch nicht was genau.
Es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl, für mich lief alles förmlich in Zeitlupe ab. Ein Moment, den ich niemals vergessen werde und wahrscheinlich auch noch meinen Enkeln erzähle. Definitiv einer der schönsten Augenblicke in meinem Leben und ein wahrgewordener Traum. Darauf bin ich auch sehr stolz.
Die Saison 2006/07 verlief sehr unrund in Dortmund. Drei verschiedene Trainer betreuten den Revierclub. Mit Thomas Doll beendete man schließlich die Saison im Tabellenmittelfeld. Ihr Verhältnis zu Doll war einer der Gründe für Ihren Wechsel zum Hamburger SV. Wären Sie unter einem anderen Trainer womöglich geblieben und hätten um Ihre Chance gekämpft?
Ich bin Dortmunder Junge und liebe Dortmund. Mit meinem ersten Kontakt mit dem Fußball war Borussia Dortmund direkt mit dabei. Entsprechend ist meine Verbindung mit Dortmund auch jetzt noch da und ich versuche sie aufrecht zu erhalten mit Kontakt zu alten Freunden, auch wenn es mit der Zeit schwieriger wird. Ich will mich natürlich nicht darauf festlegen, aber bis dahin hatte ich keinen Grund den Verein wechseln zu wollen. Allerdings ist es schwierig, wenn du drei Tage vor dem Spiel gesagt bekommst, dass du deine Chance bekommst und vielleicht sogar von Beginn an, letztendlich aber dann nicht einmal im Kader stehst. Selbst Mitspieler waren darüber verwundert und hatten längst damit gerechnet, dass ich mehr zum Einsatz komme.
In dem Fall habe ich mir dann die Frage gestellt, wie das dann in den nächsten Jahren mit diesem Trainer ablaufen soll, wenn das jetzt schon so ist. Entsprechend wollte ich dann auch wegen Thomas Doll den Verein verlassen. Einen Streit oder dergleichen hatten wir allerdings nie, ebenso wenig wie Kontakt oder ein klärendes Gespräch über diese Situation. Hätte man sich mehr um mich bemüht und mir offen eine Perspektive aufgezeigt, wäre ich aber vermutlich geblieben.
In Ihrer Zeit in Hamburg und auch während der Leihe zum Zweitligisten Carl Zeiss Jena wurden Sie leider nicht glücklich. Für die Profis des HSV kamen Sie nicht zum Einsatz und auch in Jena blieb es leider bei ein paar wenigen Kurzeinsätzen. Was nehmen Sie dennoch aus der Zeit mit?
Situationen wie in Hamburg und Jena sollte jeder Spieler einmal durchgemacht haben, auch wenn vermutlich nicht jeder so gut damit klargekommen wäre. Das sind für mich einfach immens wichtige Lebenserfahrungen gewesen. In Hamburg ähnelte die Lage einem Haifischbecken mit zahlreichen Alphatieren auf jeder Position. Im Gegensatz zur familiären Art und Weise in Dortmund war hier Konkurrenzkampf pur angesagt. Ohne Schienbeinschoner trainieren war hier nicht möglich. Das Motto in Hamburg war fressen oder gefressen werden und damit kam ich damals als junger Spieler einfach nicht klar. Während am Anfang noch eine gewisse Euphorie im Umfeld vorhanden war, wurde es mit der Zeit schwerer und da musste ich dann einfach erstmal durch. Hier habe ich auf jeden Fall mitgenommen, dass man in diesem Geschäft kämpfen muss bis zum Schluss und diese Schattenseiten haben mich zu der Person gemacht, die ich heute bin.
In Jena war es dann so, dass ich zum ersten Mal wirklichem Rassismus ausgesetzt war, den ich so in dieser Form zuvor nicht kannte. Ich erinnere mich da noch an Szenen, wenn ich in die Kabine gekommen bin und man mit dem Hitler-Gruß begrüßt wurde. Momente, die ich so nicht vergessen werde. Andererseits forderten Mitspieler auch beim Trainer meine Chance ein, doch auch wegen meiner Hautfarbe kam ich am Ende eben nicht zum Einsatz. Erst in dieser Zeit in Jena habe ich wirklich realisiert, was Rassismus bedeutet und wie normal er im Alltag zu sein scheint, ohne irgendwelche Konsequenzen für die Beteiligten. Letztendlich bin ich als junger Spieler aber vor diesen Problemen weggelaufen anstatt mich diesen zu stellen, auch weil es an Unterstützung fehlte. Ansonsten wäre ich vielleicht mehr zum Einsatz gekommen und die Zeit wäre anders verlaufen. Doch im Nachhinein soll das alles nicht meine damaligen Mitspieler in ein schlechtes Licht rücken, denn wir alle machen Fehler. Entscheidend ist es, etwas daraus zu lernen.
Auf Vereinsebene blieben die Erfolge in dieser Zeit zwar leider überwiegend aus, doch Sie durften Ihr Debüt in der Nationalmannschaft der Demokratischen Republik Kongo feiern. Wie ist dieses Gefühl, für das eigene Heimatland auflaufen zu dürfen?
Natürlich war das für mich erstmal ein neues, komisches Gefühl. Schließlich bin ich als Deutsch-Kongolese in Deutschland aufgewachsen. Entsprechend kannte ich auch durch meine Erziehung die deutsche Kultur besser als die kongolesische. Als ich dann das erste Mal dabei war, war das für mich dann eine Art Kulturschock in Bezug auf Pünktlichkeit, Zusammenhalt und Disziplin. Das gab es einfach alles so gut wie nicht und ich sehe auch nicht, dass sich das demnächst ändern wird, wenn man diese Prinzipien auf den Führungspositionen nicht versteht.
Das Auflaufen für die Nationalmannschaft war und ist dann ein einzigartiges Gefühl. Nicht vergleichbar mit dem ersten Bundesligaspiel in meinem Fall, aber trotzdem schön. Vor allem, wenn man die Nationalhymne hört, alle die Hand auf die Brust legen und anfangen voller Stolz zu singen. Ein geiles Gefühl, das Trikot überzuziehen und dann auf dem Platz zu stehen. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, diese Momente bildlich festzuhalten. Mit der Zeit vergisst man dann leider doch ein paar Kleinigkeiten.
Nach der Zeit beim Hamburger SV waren Sie zunächst auf Vereinssuche und ein halbes Jahr vereinslos. Wie sind Sie mit dieser komplett neuen Situation umgegangen? Hatten Sie Existenzangst?
Das war ohne Zweifel eine der schlimmsten Zeiten in meiner Karriere. Immerhin hatte ich mit 14 Jahren bereits meinen ersten Vertrag unterschrieben und damit meine Familie ernähren können. Mit 23 Jahren war ich dann plötzlich arbeitslos. Auf einmal wollte mich kein Verein mehr haben, obwohl das vorher noch anders aussah. Auch wegen einer Verletzung wollte mich dann keiner mehr haben und ein Wechsel zu einem türkischen Klub scheiterte.
Ein großes Problem war dann auch, dass ich über meinem Limit gelebt habe. Als ich dann vereinslos wurde, kam dann ja schließlich gar kein Geld mehr rein und auch Schulden waren die Folge. Jeden Tag kamen dann gefühlt die Briefe vom Arbeitsamt, wo ich mich vorstellen müsse. Eine Situation, die für mich belastend war. Ich musste dann den Leuten erklären, dass ich zwar eine Ausbildung als Kaufmann im Einzelhandel gemacht habe, aber ich ja nur Fußball gespielt habe mein Leben lang. Das war natürlich schwer und ich habe mich dann eine zeitlang nicht getraut rauszugehen. Mein Bruder und seine Frau haben mir dann versucht zu helfen.
Ich hatte dann Probetraining beim VfL Osnabrück, beim TSV 1860 München und auch in Frankfurt, allerdings blieb mir das Verletzungspech leider treu. Die Situation war mir dann einfach auch peinlich, wenn die Leute nach mir gefragt haben. Das war einer der Gründe, weshalb ich mich versteckt habe. Schließlich kam dann ein Angebot des KFC Uerdingen und das war für mich dann eine Art Rettung. Gerade auch aus finanzieller Sicht war der Schritt dann sehr wichtig, um zumindest erstmal meine Fixkosten bezahlen zu können. Der Wechsel zwar für viele überraschend, war für mich aber eine Chance und ein Ausweg.
Über 4,5 Jahre blieben Sie fortan beim KFC Uerdingen und waren fester Bestandteil des Teams, dass den Aufstieg in die Regionalliga West und anschließend den Klassenerhalt schaffte. Auch wegen einer Knieverletzung dachten Sie im Anschluss eigentlich ans Aufhören, hatten sich mit Ihrem Modelabel “Six Angels” zudem nebenbei etwas aufgebaut. Wieso entschieden Sie sich, bei den Sportfreunden Baumberg weiterzumachen und wie kamen Sie ausgerechnet zu diesem Verein?
Zu Anfang habe ich mich in Uerdingen wirklich sehr wohl gefühlt. Doch was mir mit der Zeit aufgestoßen ist, waren die leeren Versprechungen des damaligen Präsidenten. Es geht halt nicht, dass Spieler nicht ein paar wenige Wochen, sondern ganze Monate auf ihr Gehalt warten. Das ging dann soweit, dass manche Spieler heulend zu Führungsspielern wie mir gekommen sind und mich gebeten haben, mit dem Präsidenten zu reden. Logisch, denn ich hatte auch einen anderen Draht zu den Entscheidungsträgern im Verein. In der Regel kam dann nach Gesprächen auch shließlich das Gehalt an, doch man musste in Regelmäßigkeit nachhaken. Das war dann schon gefühlt ein langsamer Zerfall des Vereins, für dessen Präsidenten ich damals in der Öffentlichkeit in Interviews sogar lügen musste, damit er seine Ruhe hatte. Am Ende musste dann sozusagen mein Kopf rollen, was definitiv schade war. Ich bin mir sicher, dass wir auch in den Gang in die 3. Liga schnell geschafft hätten, wenn wir den Kern des Teams beibehalten und manche Dinge im Verein besser gemacht hätten. Und das mit vergleichsweise wenig Geld, wenn man die Beträge von damals mit denen von heute vergleicht.
Letztendlich ist das dann bitter gelaufen, denn so hätte ich vielleicht die geplante Rückkehr in den Profifußball geschafft, was von Sekunde eins an auch in Uerdingen mein Ziel war. So kamen mit der Zeit auch immer mehr kleinere Verletzungen, weil ich mich für das Team opferte und meine Kollegen nicht im Stich lassen wollte. Mit dem großen Krach in Uerdingen dachte ich dann nicht an einen Wechsel, sondern ans Karriereende. Doch dann kamen mein Freund Ivan Pusic, bis heute Kapitän bei den Sportfreunden Baumberg, und der damalige Sportdirektor Redouan Yotla auf mich zu. Man riet mir vom Karriereende ab und wollte mich für seinen Klub in der Oberliga gewinnen. Letztendlich überzeugte man mich und ich wechselte nach Baumberg, wo ich fortan weniger Stress und mehr Ruhe habe.
Nun spielen Sie bald bereits 7 Jahre lang für die Sportfreunde Baumberg. Man kann durchaus behaupten, dass Sie sich dort heimisch fühlen. Sowohl auf als auch neben dem Platz sind Sie im Verein sehr engagiert und ehrgeizig. Während Sie mit dem Team in der Oberliga Niederrhein eine gute Rolle spielen, sind Sie auch als Jugendleiter tätig. Welche Ziele haben Sie mit dem Verein?
Erstmal krass, dass das Ganze jetzt bereits sieben Jahre her ist. Ich hätte zu Beginn dann doch nicht gedacht, dass ich so lange hier und überhaupt noch Fußball spielen werde. Besonders auch, weil ich gefühlt jedes Jahr sage, dass ich im kommenden aufhören werde. Doch nach meiner letzten Operation habe ich zum Glück auch keine größeren Verletzungen mehr gehabt, höchstens Mal muskuläre Probleme. Mit einer erneut schweren Verletzung hätte ich vermutlich schon früher Schluss gemacht und mich ausschließlich meinen Tätigkeiten neben dem Platz gewidmet. Ich bin nebenbei ja ehrenamtlich als Jugendleiter tätig, weil ich die Möglichkeiten im Umfeld erkannt habe. Hier im Kreis hat man in Baumberg wahrscheinlich die besten Bedingungen im Jugendbereich, das Potenzial ist ohne Zweifel vorhanden.
Das soll jetzt natürlich nicht missverständlich sein. Ich sehe uns da noch lange nicht auf einem Niveau mit Bundesligisten oder Zweitligisten hier in der Region. Allerdings sind wir auf einem guten Weg, uns langsam aber sicher zu etablieren, obwohl wir mit einem Scherbenhaufen gestartet sind. Entsprechend waren zu Beginn erstmal Aufräumarbeiten notwendig und eine neue Struktur musste her. Auch einen sehr guten Trainer haben wir gefunden und eine Anerkennung für uns ist es, dass eigentlich jedes Jahr ein paar Spieler aus unserer Jugend den Weg in eines der Nachwuchsleistungszentren finden. Das sollte auch unser Ziel als Ausbildungsverein sein, dass wir die Spieler ausbilden und sie in den Nachwuchsleistungszentren den nächsten Schritt machen können. Gerne hätten wir den einen oder anderen Spieler auch in unsere ersten Mannschaft, doch das ist erwartungsgemäß schwer und braucht noch Zeit.
Doch die Perspektive und Entwicklung stimmt und so wollen wir schauen, dass wir mit unseren Jugendmannschaften in den kommenden Jahren vielleicht sogar um Aufstiege in höhere Ligen mitspielen. Das ist dann auch eines meiner großen Ziele für die kommenden Jahre, doch dafür muss auf vielen Ebenen wirklich vieles passen und die Energie dafür da sein.
Eine der schlechten Erfahrungen in Ihrer Zeit beim Fünftligisten und generell als Fußballspieler dürfte der Rassismusvorfall im vergangenen Jahr sein. Ein Thema, welches nicht nur im Fußball oder Sport generell, sondern in der gesamten Gesellschaft keinen Platz haben darf und bekämpft werden muss. Wie sind Sie persönlich damit umgegangen und warum kommt es Ihrer Meinung nach immer wieder zu Rassismus im Alltag?
Mit Sicherheit ist der Vorfall im vergangenen Jahr nicht die schlimmste Erfahrung mit dem Thema Rassismus, die ich bislang erlebt habe. Da habe ich schon viel schlimmere Sachen erlebt, was diesen Vorfall allerdings auch keinesfalls besser macht. Mir ging und geht es in diesem Fall nicht darum, dem Schiedsrichter oder Linienrichter große Vorwürfe zu machen. Stattdessen sollte und muss aus solchen Situationen gelernt werden.
Rassismus an sich ist für mich ein Thema, welches wir meiner Meinung nach niemals komplett besiegen können, was leider immer da sein wird. Dafür ist Rassismus schon zu lange in der Gesellschaft verankert. Wenn man vergleicht, was frühere Generation dulden mussten, ist die heutige Situation gefühlt fast schon Kindergarten dagegen. Trotzdem tut es auch heute natürlich sehr weh und man kann das Thema nicht einfach unter den Teppich kehren. Wir müssen stattdessen solche Probleme beim Namen nennen und etwas dagegen tun. Geschieht das allerdings nicht, tut das für mich am meisten weh.
Dabei finde ich immer wieder verblüffend, was auf und neben dem Platz gehört wird und was nicht. Beleidigt der eine Spieler den anderen, will das oftmals direkt jeder gehört haben, es folgt der Platzverweis und anschließend nicht selten eine teilweise wochenlange Sperre. Beim Thema Rassismus ist das nicht so. Hier hat in solchen Fällen dann komischerweise nie jemand irgendwas gehört beziehungsweise will etwas gehört haben. Das sind dann die Momente, die mir am meisten wehtun und in denen ich dann in meinem Alter sage, dass man einfach mit dem Spielen aufhören sollte. Allerdings spielt auch das Geld eine gewisse Rolle und je höher die Liga ist, desto höher ist auch der Druck der Liga und der Vereine auf die Spieler. Ein Zeichen wird meiner Meinung nach auch deswegen dort nur selten gesetzt. Mein Eindruck ist deswegen, dass in den höheren Ligen offenkundige Rassisten noch eher geschützt werden, anstatt ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.
Sie sind offensichtlich eine Art Multitalent. Neben Ihren Qualitäten auf dem Platz sind Sie auch neben diesem nicht untätig. Während Sie im Verein noch als Jugendleiter aktiv sind, haben Sie zusätzlich zum Modelabel auch noch Ihren eigenen YouTube-Kanal. Hier geben Sie regelmäßig spannende Einblicke in Ihre Karriere und führen auch Gespräche mit Ihren Weggefährten und Freunden. In welcher Rolle sehen Sie sich jedoch in Zukunft? Was sind Ihre Ziele?
Ich habe keine Ahnung, ob ich wirklich ein Multitalent bin. Letztendlich mache ich einfach nur das, was mir Spaß macht und die Liebe zur Mode habe ich auch schon immer gehabt. In Sachen Mode wollte ich auch früh einfach anders sein als die anderen, ich wollte mich abheben und das hat mich dann auch ausgemacht. Daher liebe ich die Mode auch bis heute. Der YouTube-Kanal war dagegen eine spontane Aktion. Bis heute melden sich noch viele Leute bei mir, ich bekomme Fanpost und auch Autogrammwünsche sind dabei. Die eine oder andere Frage wurde mir dabei natürlich auch gestellt und die Nachrichten wurden stetig mehr.
Daher kamen meine Freunde dann auf die Idee mit dem YouTube-Kanal. Ich sollte einfach anfangen über mich zu reden, einfach so wie ich nunmal bin. Das kam dann auch direkt gut bei den Leuten an, vor allem weil ich authentisch bin und mich nie verstelle. Ich spreche Dinge klar an und das kam entsprechend positiv an.
Mein Ziel ist es, weiterhin viele Jungprofis zu unterstützen und auch darüber hinaus weiter im Fußball aktiv zu sein. Eine Rolle als Kommentator bei Dazn fände ich spannend. Immerhin könnte ich dort so sein wie ich bin und müsste mich nicht verstellen, wie es bei Sky beispielsweise wahrscheinlich der Fall wäre. Nein würde ich aber auch da grundsätzlich erstmal nicht sagen, sondern mir das Ganze erstmal in Ruhe anhören. Grundsätzlich sehe ich mich in Zukunft aber schon in diesem Bereich und auch meinen YouTube-Kanal möchte ich weiter aufbauen. Am Ende wird man dann sehen, wie sich beides entwickelt.
Vielen Dank für Ihre Zeit für das Interview!