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Richarlison (21) - Der etwas andere Brasilianer

Richarlison (21) - Der etwas andere Brasilianer

Der FC Watford absolvierte letzte Saison unter Ex-Trainer Marco Silva (jetzt: FC Everton) eine durchaus ordentliche Spielzeit in der Premier League, welche man im gesicherten Mittelfeld abschließen konnte. Für die „Hornets“ ein absoluter Erfolg, welcher auch eine handvoll herausragender Spieler ins Scheinwerferlicht rückte. Einer von ihnen ohne Zweifel der Youngster Richarlison de Andrade, a.k. Richarlison!

Mit exzellenten Darbietungen in seiner ersten Premier-League-Saison eroberte der brasilianische Flügelspieler dank seines unfassbaren Talents, das für viele Fans an der Vicarage Road zu bestaunen war, den englischen Fußball im Sturm. Darüber hinaus gewann er laut dem englischen Internetportal Squawka.com gar die meisten Zweikämpfe, wenn man die Duelle aus Tacklings, Kopfbällen und Dribblings zusammen addiert.

Doch woher kommt dieser kleine Shootingstar? Richarlison wuchs als kleiner Junge in den Straßen von Nova Venécia auf, einer kleinen bergigen Gemeinde im Bundesland Espirito Santo an der Ostküste Brasiliens, welche für ihr hohes Granitvorkommen in der Welt bekannt ist. In der Jugend spielte er für die Internate von Real Noroeste und America Mineiro.

Im Fokus internationaler Topclubs

Im Juni 2015 gab er bereits als 17-Jähriger sein Debüt für America in Brasiliens erster Liga und überzeugte auf Anhieb. Neun Tore in 24 Pflichtspieleinsätzen machten ihn zu einem sehr begehrten Rookie und so war es nicht überraschend, dass er bereits nach seiner ersten Spielzeit aus Belo Horizonte für 2,38 Millionen Euro zum Topclub Fluminense Football Club.

Gut angelegtes Geld, wie sich später für den Club aus Rio de Janerio herausstellen sollte. Wettbewerbsübergreifend steuerte Richarlison auf Anhieb 14 Scorerpunkte (Zehn Tore, vier Assists) für den ältesten Fußballklub Brasiliens bei und avancierte somit zu einem der schillerndsten Jungstars des Landes. Chelsea, Milan, Manchester United hießen die zahlreichen Interessenten, doch das Ausnahmetalent entschied sich für eine sinnvolle Entscheidung und wechselte zum FC Watford.

Stärken:

„Für ihn ist nun der Zeitpunkt gekommen eine neue Art des Fußballs zu erlernen, er ist ein großes Talent und wir glauben an ihn“, gab der damalige Watford-Coach seine Erwartungen gegenüber dem Linksaußen im August 2017 noch zum Ausdruck. Aus dieser Aussage entwickelte sich anschließend die eindrucksvollste Eigenschaft von Richarlison: Seine unermüdliche, kämpferische Attitüde!

Die meisten jungen Flügelspieler nehmen sich oftmals aus der Pflicht mit voller Kraft defensiv zu arbeiten, doch der kleine Brasilianer hat durch den Fußballlehrer gelernt, dass pures Talent nicht alles ist im modernen Fußball ist. Richarlison hat diese Weisheit in sich aufgesaugt und sie zu seiner Mentalität gemacht. Denn er liebt es regelrecht seine Mannschaft gegen den Ball zu unterstützen. Es überrascht nicht, dass er zwei Tacklings pro Spiel gewinnt und zwei Fouls pro Spiel begeht.

Das immense Bemühen der Club-Verantwortlichen im vergangenen Sommer, sich die Unterschrift des Rohdiamants zu sichern, zahlte der 21-Jährige mit Bravour zurück. Mit fünf Tore und fünf Vorlagen war das Offensivtalent in seiner Debütsaison an rund ¼ der erzielten 44 Treffer Watfords direkt beteiligt!

Besonders bemerkenswert war, dass er alle seine Scorerpunkte in der Hinrunde sammelte und damit ein Beben in der Premier League verursachte. Dank seines Gespürs für den freien Raum kam er widerkehrend in enorm aussichtsreiche Positionen, um den Gegner zu verwunden, sei es durch einen Assist oder einen Torschuss, und so verwunderte es wohl niemanden, dass sich Richarlison in der Winterpause zu einer der heißesten Attraktionen auf dem Transfermarkt entwickelte.

Der Herr der Lüfte

Trotz einer Körpergröße von nur 179 cm und einem Gewicht von 71 kg ist Richarlison de Andrade physisch stark wie ein Elefant und schnell wie ein Gepard, das mit und ohne Ball, daher kann er diesen auch in gefährlichen Räumen empfangen und sichern. Kein Spieler, außer Raheem Sterling, hatte in dieser Saison mehr Ballkontakte in der Box als das junge Hornets-Talent.

Obwohl er hauptsächlich als linker Flügelspieler zum Einsatz kam, um nach innen ziehen zu können und dann mit seinem starken Rechten abzuschließen, kann er ebenso auf der rechten Flanke und in einer zentraleren Position spielen. Denn gerade im Zentrum kann er seine unglaubliche Lufthoheit einsetzen, eine Qualität, die ihn zu einer ernsthaften Gefahr bei Standards macht.

Zu guter Letzt sollte dich nicht überraschen, dass der ehemalige U20-Nationalspieler als Brasilianer naturgemäß im Dribbling zu überzeugen weiß. Ganze 48% seine Duelle entscheidet er für sich, straft den Gegner oft mit einem frechen „Tunnler“ oder legt die Pille im höchsten Tempo per Hacke hinter sich am Gegner vorbei und überrennt diesen anschließend einfach.

Schwächen:

Ein Bereich, indem sich Richarlison sicherlich steigern muss, ist sein mit 63,9% eher unterdurchschnittliches Passspiel. Gleichermaßen seine Flanken, die zu oft keinen Abnehmer im Strafraum finden. Zwar ist er flink und ballsicher, jedoch fehlt ihm die Gelassenheit und Genauigkeit, wenn er den Ball zu einem Mitspieler abgeben möchte. Seine fehlende Kreativität gleicht er durch ein außerordentliches Dribbling aus, daher fällt dieses Defizit nicht so schwer ins Gewicht.

So stark der Brasilianer auch in der Hinrunde war, so sehr ließ er in der zweiten Saisonhälfte nach. Die harten Anforderungen der Premier League kombiniert mit dem kräftezerrenden Spiel des Südamerikaners haben ihren körperlichen Tribut gezollt. Das Talent wirkte plötzlich etwas müde und unkonzentriert und vergab oftmals aus aussichtsreichsten Positionen beste Torchancen für die Hornissen.

Müdigkeit schützt vor schlechter Statistik nicht, daher müssen wir die ganze Spielzeit bewerten und nicht nur die Hinrunde. Saisonübergreifend schoss das Juwel 79 Mal aufs gegnerische Gebälk, doch nur fünf Mal zappelte das Runde im Netz. Daraus ergibt sich eine Abschlussquote von gerade mal 6%, was selbst für einen Flügelstürmer zu spärlich ist.

Prognose:

Ohne Zweifel war Ex-Watford-Coach Marco Silva der entscheidende Mann für Richarlison in seiner ersten Premier League-Saison, denn nach seinem Weggang im Januar brachen, wie vorhin erwähnt, die Leistungen des Brasilianers eklatant ein. "Ich schulde Marco einiges, weil er derjenige war, der mich angerufen hat, bevor ich zu Watford wechselte. Ich bin wegen ihm hierher gezogen. Er hat mir jeden Tag geholfen und war extrem nett zu mir. Er ist wie mein Vater."

Everton-Fans gegen Transfer von Richarlison

Daher sollte der Transfer des 21-Jährigen für 45 Millionen Euro zum FC Everton keine Überraschung darstellen, wobei der Druck dieser immensen Ablösesumme sich noch als negativ erweisen könnte. Denn viele Fans sprachen sich gegen eine Verpflichtung des Rechtsfußes aufgrund der wuchernden Forderung der Londoner aus, was einen sensiblen Spieler durchaus nahe gehen könnte.

Abgesehen davon wird sich Richarlison jedoch unter seinem Lieblingsmentor Silva weiterhin auf perfektem Nährboden befinden um zu reifen, wenngleich die Konkurrenz bei den „Toffees“ etwas fordernder sein wird. Sollte er dies meistern und im Goodison Park die notwendige Konstanz und Balance für sein Schaffen finden, dann wird er in nicht allzu ferner Zukunft die „Selecao“ um einen weiteren Ausnahmeakteur bereichern - und zwar um einen Offensivspezialisten, der auch gegen den Ball mit Leidenschaft kämpft - eben der etwas anderer Brasilianer.

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