Vorläufiger Scoutbericht:
Die vergangene Saison wird man in Hamburg nicht so schnell vergessen. Nach oftmals katastrophalen Auftritten ging es am Ende zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte runter in die raue 2.Bundesliga, in der man sich nun beweisen muss.
Doch nicht alles sorgte grundsätzlich für Tristesse, auch wenn der Abstieg letztendlich überwiegt. So konnte man, besonders gegen Ende der Spielzeit, verstärkt junge Spieler in die Mannschaft einbauen und ihnen Spielzeit verschaffen. Nutzen konnte das schon früh in der Saison ein kleiner Japaner, der sich schnell einen Namen gemacht hat. Der mittlerweile 21-jährige Linksaußen Tatsuya Ito zeigte nämlich ein ums andere Mal beeindruckende Auftritte und schaffte es somit recht schnell, die Zuschauer komplett hinter sich zu bekommen.
Standing Ovations trotz früher Auswechslung
Schon sehr früh in der Saison durfte der Linksfuß ausgerechnet im elektrisierenden Nordderby gegen Werder Bremen seinen ersten Startelfeinsatz feiern und er belebte die Offensive der Hanseaten deutlich. Doch bereits nach 53 Minuten musste der Samurai ausgewechselt werden. Nicht leistungsbedingt, sondern aufgrund von Krämpfen in beiden Waden. Doch was dann geschah, war der absolute Wahnsinn für einen solch jungen Kicker beim ersten Spiel von Beginn an. Für seinen engagierten Auftritt bekam er minutenlangen Applaus von den Rängen und Standing Ovations. Gewiss ein unvergesslicher Augenblick für den Mann aus Tokio. Doch wie kam er aus dem fernen Osten ausgerechnet nach Hamburg?
Freundschaftsturnier als Karrierebeschleuniger?!
Entdeckt hat man Ito 2014 bei einem freundschaftlichen Turnier in den Vereinigten Arabischen Emiraten zwischen Manchester City, Inter Mailand und Itos damaligem Klub Kashiwa Reysol. Dort fiel den HSV-Scouts nämlich ein kleiner und besonders dribbelstarker 17-Jähriger auf, der die Gegenspieler reihenweise alt aussehen ließ und am Ende sogar zum besten Spieler des Turniers gewählt worden ist.
Auch die anderen beiden europäischen Klubs sollen direkt Interesse bekundet haben, doch hartnäckig an der Personalie dran blieben letztendlich nur die Hanseaten. Sie bemühten sich ein Treffen zu engagieren. Die Verantwortlichen der Hanseaten besuchten dann relativ schnell Ito und dessen Familie sowie seinen Klub in Japan, um mit allen Parteien Gespräche zu führen.
Ausschlaggebend für die guten Verhandlungen war offenbar auch ein kleines Gastgeschenk der Hamburger an Tatsuyas Klub Kashiwa Reysol. Dabei muss man erstmal wissen, dass dieser Klub vom Elektrotechnik- und Maschinenbaukonzern Hitachi gegründet wurde und finanziert wird. Der damalige Bundesligist schenkte dem japanischen Werksverein ein altes HSV-Trikot mit dem damaligen Hauptsponsor Hitachi, was seitens der Japaner begeisternd entgegengenommen wurde.
Nachdem die Gespräche optimal verliefen, absolvierte der Dribbelkünstler ein Probetraining in Hamburg, bei dem er erneut überzeugen konnte. Lediglich Zweifel bezüglich seiner Physis hatte man immer noch, vom fußballerischen Können war man geradezu begeistert.
Anschließend nahm der in der Offensive flexibel einsetzbare Linksaußen eine gute Entwicklung und so wurde er im Dezember 2017 endgültig in den Profikader hochgezogen. Durch seine Auftritte kam er schnell in den Fokus anderer Klubs wie Eintracht Frankfurt oder der TSG 1899 Hoffenheim, jedoch verlängerte er seinen Vertrag bis 2021 und blieb auch nach dem bitteren Abstieg in Liga 2. Seine beiden Ziele sind natürlich zum einen der direkte Wiederaufstieg in die Bundesliga und zum anderen die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in seiner Heimat Tokio.
Doch wieso gilt Ito, dessen Vorbilder Franck Ribéry, Eden Hazard und Lionel Messi sind, als neuer Hoffnungsträger des großen HSV? Was zeichnet ihn aus?
Die Nummer 11 des Zweitligisten ist zuerst einmal äußerst fokussiert und gibt immer Vollgas. „Ich bin extrem ehrgeizig und will in jeder Sekunde besser werden. Sei es durch die Arbeit auf dem Platz, im Kraftraum oder auch bei der Regeneration. Deshalb habe ich auch in der Zeit nicht nachgelassen, als ich nicht mehr konstant zum Einsatz gekommen bin“, äußerte sich Ito einst und diese Aussage sagt eigentlich schon alles über seine Einstellung aus.
Wahnsinnige Qualitäten im Dribbling
Auf dem Platz zeigt er mehrere herausragende Fähigkeiten. Seine größten Vorzüge besitzt er aber ohne Zweifel im Dribbling, in den direkten Eins-gegen-Eins-Duellen. Sein Vorteil ist hier nicht nur, dass er enorm schnell ist und eine enge Ballführung hat, sondern vor allem seine Größe. Dank seiner nur 1,63 Meter ist er extrem beweglich und besitzt eine herausragende Balance, die es dem Gegner sehr schwer macht, ihn überhaupt fassen zu können. Bringt er diese Qualitäten auf den Platz, wird es für die Verteidiger wirklich sehr schwer, besonders weil er diese Dribblings liebt und seine Opponenten überaus gerne mit schnellen Richtungsänderungen sowie vielen kurzen Bewegungen aus dem Tritt bringt.
Noch dazu ist er ein exzellenter Vorbereiter, da er immer den Blick für seine Mitspieler hat und diese mit gut getimten Bällen in Szene zu setzen weiß.
Nun ist es an der Zeit, genau diese Qualitäten in der 2.Bundesliga auf den Platz zu bringen, um dem norddeutschen Traditionsklub beim Ziel des direkten Wiederaufstieges helfen zu können. Sicher ist jedenfalls, dass er mit Christian Titz einen Trainer hat, der ihm in seiner Entwicklung sehr helfen kann und sicherlich auch wird.
Tatsuya Ito besitzt zweifelsohne das Potenzial, in dieser Saison eine ganz entscheidende Rolle im Team des Hamburger Sportvereins einzunehmen und könnte als Hoffnungsträger dafür sorgen, dass die Fans des ehemaligen Bundesliga-Dino bald wieder vom Aufstieg träumen dürfen.