Während die Saison von Juventus Turin mit den einzig verbleibenden Zielen, der Qualifikation für die Champions League und dem italienischen Pokalfinale, so dahinplätschert, ist das von Cristiano Ronaldo öffentlich zur Schau gestellte Unbehagen nicht nur Gegenstand einer Stammtischdebatte, sondern wird auch Agnelli und Co. Anlass geben, die letzten Jahre mit Ronaldo zu bilanzieren.
Überlegungen, die die Ehe zwischen Ronaldo und Juventus betreffen, welche im Sommer vor drei Jahren noch pompös zelebriert wurde, jedoch nun im dritten Jahr angekommen ist, ohne dass das Ziel des Henkelpott-Gewinns auch nur im Geringsten umgesetzt wurde.
Ganz im Gegenteil. Der italienische Rekordmeister scheiterte im Viertelfinale und im Achtelfinale gegen Mannschaften wie Ajax, Lyon und Porto, die normalerweise nicht auf dem Niveau der Bianconeri einzuordnen sind.
Scudetto-Siege mehr Schein als Sein
Die zwei Scudetti, die Juve in der Zwischenzeit gewonnen hat, haben die Bewertung des Projekts etwas manipuliert, zumindest bis dato. Heute, mit verblasster Meisterschaft und der x-ten europäischen Enttäuschung, wird all dies zum berechtigten Gegenstand der Kritik, worüber man früher ein Auge zugedrückt hat - wenn nicht sogar zwei.
Und jetzt, wo es schlecht läuft, erscheint die Belastung des Finanzhaushalts im vierten Jahr in Höhe von rund achtzig Millionen als das, was sie ist: eine schwere Bürde, erst recht in Zeiten enormer Einnahmeausfälle durch die Pandemie. Ronaldo kostete die Turiner 112 Millionen Euro Ablöse und jährlich 31 Millionen Euro Gehalt.
Angesichts dieser exorbitanten Ausgaben für einen einzigen Spieler, wird Juventus sicherlich am Ende der Saison Bilanz ziehen (müssen). Was kam bei rum mit dem Portugiesen? Wenngleich dieser zuverlässig ablieferte, entwickelte sich der Rest des Kaders scheinbar zurück. Bevor Ronaldo in den Piemont wechselte, war Juventus ein funktionierendes Kollektiv mit einer ungeheuren Siegermentalität.
Kader abhängig von Ronaldo?
Nur wenige Jahre später ist davon wenig übrig geblieben, vor allem international. Eine Mannschaft, die taktisch, wirtschaftlich und medial völlig einem Mann unterworfen ist. Dass weder Sarri, noch Pirlo und auch Allegri in seiner letzten Saison, der Mannschaft ihre Spielphilosophie adäquat vermitteln konnten, wird sicherlich Gründe haben die fest mit der Ankunft des Superstars zu tun haben.
Am Ende hatte nicht einmal Sarri, der als Prophet des guten Spiels angereist war, überzeugt, auch wenn er die Rekordserie der Scudetti auf neun ausbauen konnte. In den Gazzetten war öfters zu lesen, dass Ronaldo sich der Spielphilosophie der Trainer nicht gerne unterordnet und lieber „seinen“ Fußball spiele und persönlichen Rekorden hinterherjage, als an das Kollektiv zu denken.
Before leaving Juventus, Allegri left a piece of advice for Agnelli: "Get rid of Ronaldo, he's blocking the growth of the team and the club."
— Juve Canal (@juvecanal2) April 13, 2021
[La Repubblica] pic.twitter.com/3PTMsUcRvw
Allegri: „Werdet Ronaldo los!“
Allegri hat es nicht nur kommen sehen, er hat es auch Andrea Agnelli in aller Deutlichkeit gesagt, bevor dieser und der italienische Spitzenclub die Zusammenarbeit beendeten. "Werdet Ronaldo los, er blockiert das Wachstum der Mannschaft und des Klubs", so die Worte, die die 'Repubblica' zitiert.
Womöglich die Meinung des erfolgreichsten Trainers der Vereinsgeschichte. Ein Ratschlag, der damals nicht als würdig erachtet wurde, obwohl kein Mann näher dran an den Spielern war als jener Allegri. Er kannte das Team nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit in und auswendig und wusste salopp gesagt, wann wer die sanitären Anlagen besuchen würde.
Fußball ist ein Mannschaftssport und Teams wie Bayern und Liverpool haben den Henkelpott aufgrund eines kollektiven Wachstums gewonnen, bei Juventus scheint dies in den letzten Jahren nicht mehr gegeben zu sein und sogar rückläufig. Es bleibt spannend was mit Ronaldo im Sommer passiert. Ein Abgang scheint trotz öffentlicher Dementis nicht mehr ausgeschlossen und meiner bescheidenen Meinung nach absolut sinnvoll für den Verein.