Dass Juventus Turin im Champions-League-Achtelfinale mit 0:1 bei Olympique Lyon verlor, kam für die meisten Tifosi nicht wirklich überraschend. Schon seit Wochen zeigt die „alte Dame“ in der heimischen Liga nur wenig überzeugende Leistungen. Dies gipfelte nun im Eklat, dass Cristiano Ronaldo und Paolo Dybala sich vor laufender Kamera über das Mittelfeld echauffierten.
Sie klagten darüber, dass sie im Angriff isoliert agieren, da das Mittelfeld nicht nachrückt und wirklich niemand in der Lage sei Bälle zu erobern. Doch war die Kritik der beiden wirklich gerechtfertigt? In der Tat war es äußerst auffällig, dass sich die beiden phasenweise die Bälle so tief abholen mussten, dass sogar die Achter Rabiot und Bentancur höher standen wie die beiden Stürmer.
Kein Tempo, keine Bewegung
Lyon hatte keine Mühe das kongeniale Duo vorne zu isolieren, da der Ball insgesamt zu langsam innerhalb der Juve-Reihen zirkuliert wurde. Für Sarris Spielphilosophie ist das schnelle Passspiel jedoch von höchster Priorität, da ansonsten sein taktisches Konzept nicht greift. Wenn das heilige Runde mal etwas schneller hin und her gepasst wurde, dann ohne Bewegung und Zielstrebigkeit.
Doch auch die Bewegung in die freien Räume sind von oberster Belangen, da es sonst nur an schnellen Standfußball erinnert und der Raumgewinn einfach nicht stattfindet. Doch woran liegt es, dass Sarri sein Spielsystem nicht implementiert bekommt?
Mercato auf Kapitalgewinne ausgerichtet
Ein Grund für das bisherige Scheitern dürfte sicherlich das Sommertransferfenster darstellen. Denn anstatt Akteure zu verpflichten, welche das Profil für Sarris System besitzen, konzentrierten sich Paratici & Co eher auf Kapitalgewinne und verpflichteten mit Adrien Rabiot und Aaron Ramsey zwei ablösefreie Profis.
Während Rabiot mit seiner trägen Spielweise den sogenannten „Sarri-Ball“ entschleunigt und bisher auch wenig kreative Glanzmomente kreieren konnte, kämpft Ramsey wie schon seit Jahren aufgrund seiner ehernen Verletzungsanfälligkeit ständig mit seiner Fitness. Beide sind gewiss qualitativ hochwertig, aber für Juves Ansprüche und Spielweise einfach nicht passend beziehungsweise gut genug.
Kein adäquater Ersatz für Pjanic
Ein weiterer Kritikpunkt ist sicherlich, dass man schon letzte Saison bemerkte, was ein verletzungsbedingter Ausfall Pjanics für das Mittelfeld der „Bianconeri“ bedeutet. Doch anstatt für adäquaten Ersatz zu sorgen, gab man mit Emre Can in der Winterpause sogar eine Alternative für den Bosnier an Borussia Dortmund ab. Juves "Regista" wiederum befindet sich seit Monaten in einem Leistungstief und wirkt völlig überspielt.
Die ersten Juventini dürften nun bemerken, dass Beppe Marottas Abgang zum direkten Scudetto-Konkurrenten, auch die Transferpolitik negativ beeinträchtigt. Inters derzeitiger CEO hatte jahrelang das gewisse Fingerspitzengefühl, an welchen Stellschrauben in Juves Kader gedreht werden musste, dessen Nachfolger Paratici dagegen scheint diese Eigenschaft nicht von seinem ehemaligen Mentor übernommen zu haben.
Unter der bisherigen Prämisse, wird es für Juventus dieses Jahr so schwer wie nie zuvor den Scudetto und den Henkelpott zu gewinnen, da selbst Mannschaften wie Lecce oder Lyon den italienischen Rekordmeister nicht mehr fürchten. Die "alte Dame" macht ihrem Nickname gerade alle Ehre….