Es war eine zähe Angelegenheit für den italienischen Rekordmeister in der heimischen Allianz Arena. Denn der Gegner aus Mailand präsentierte sich auf Augenhöhe und wusste der „alten Dame“ einige Sorgenfalten auf die Stirn zu zaubern. Gerade in der ersten Halbzeit hätte sich die Sarri-Truppe über einen Rückstand, unter anderem durch die hochkarätigen Chancen von Piatek und Paqueta, nicht beschweren dürfen.
Die Lombarden hatten zwar weniger Spielanteile wie der italienische Klassenprimus, jedoch die weitaus besseren Tormöglichkeiten. Doch es ging zunächst torlos in die Kabine. In der zweiten Hälfte wurde die Partie dermaßen fahrig, dass sie eher an ein Spiel der Kreisklasse C erinnerte. Die Protagonisten auf dem heiligen Grün überboten sich gegenseitig mit zahlreichen Fehlpässen, falschen Entscheidungen und einer schlampigen Torchancenverwertung.
Ein guter Angriff reicht
In der 77. Spielminute wurde diese schließlich durch eine richtig starke Kombination zwischen Douglas Costa, Gonzalo Higuain und den Torschützen Paulo Dybala entschieden. Der einzige Angriff der alten Dame, welcher präzise, schnell und direkt ausgespielt wurde, reichte aus, um Milans naive Defensive auszuhebeln. Besonders die beiden Leistungsträger Ismael Bennacer (verlor Dybala aus den Augen) und Kapitän Romagnoli (ließ sich leichtfertig vom „Gaucho“ ausspielen) sahen in dieser spielentscheidenden Szene enorm unglücklich aus.
Am Ende gewann das reifere Team die Partie und die „Rossoneri“ stehen trotz ansprechender Leistung wieder mal ohne Punkte dar. Es scheint, als würde es für Milan diese Saison nur noch um die Weiterentwicklung seiner jungen Akteure gehen, denn der Abstand auf die CL-Plätze beträgt jetzt schon ganze elf Punkte.
Ronaldo zeigt sich respektlos
Doch für den größten Gesprächsstoff an diesem Abend sorgte Weltfußballer Christiano Ronaldo. Der Portugiese wurde bereits in der 55. Spielminute von Juve-Coach Sarri gegen den späteren Siegtorschützen Paolo Dybala ausgewechselt. Die portugiesische Diva ging schnurstracks in die Kabine, äußerte dabei ein paar unschöne Wörter gegenüber seinem Coach und verließ umgehend das Stadion. Respekt und Teamgeist sehen anders aus.
Zwar entschuldigte Sarri die fragwürdige Reaktion des ehemaligen Madrilenen, jedoch darf das egozentrische Verhalten Ronaldos durchaus als kritisch bewertet werden. In dieselbe Kerbe schlug auch Ex-Juve-Coach Fabio Capello.
Capello stärkt Sarri den Rücken
"Im Moment spielt er nicht gut und es war richtig, ihn auszuwechseln", monierte der mittlerweile 73-Jährige Italiener. „Die Tatsache, dass er sich nicht auf die Bank setzte und darüber hinaus Sarri beleidigte, ergibt kein schönes Bild. Du musst ein Champion sein, auch wenn du ausgewechselt wirst und nicht nur dann, wenn die Dinge für dich gut laufen. Er spielt momentan einfach nicht gut, Dybala dagegen schon."
Capello setzte noch einen drauf: „Die Wahrheit ist doch, dass Ronaldo seit drei Jahren niemandem mehr ausdribbeln kann. Ich erinnere mich, als er noch an den Spielern vorbeikam und sie reihenweise zurückließ. Jetzt passiert es nicht mehr wirklich, während Douglas Costa und Dybala das wesentlich besser machen.“
Ronaldo auf Instagram diplomatisch
Worte die dem portugiesischen Nationalspieler nicht gefallen haben dürfen. Doch dieser gab sich in den sozialen Netzwerken zunächst friedlich. Mit seinem Instragram-Post „Schwieriges Spiel, wichtiger Sieg“ versuchte Juves Nummer sieben wenigstens im Nachhinein Teamgeist vorzuleben, auch wenn es wenig authentisch wirkt.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob das Ego des Superstars zu groß für einen Club wie Juventus Turin ist. Sollten die Leistungen weiterhin stagnieren und Dybala und Higuain in vorderster Front erfolgreicher harmonieren, dann wird sich Ronaldo wohl neu erfinden müssen, oder die Weichen stehen schneller als gedacht auf Trennung. Denn beim italienischen Rekordmeister gilt das Motto „Der Club ist größer als jeder Spieler“ und dazu gehört eben auch ein Christiano Ronaldo.