Italien gegen Kroatien verspricht eins der interessantesten Spiele der EM zu werden, da beide Teams ums Weiterkommen kämpfen und nicht gerade durch eine stabile Defensive auf sich aufmerksam machten. Was ihr von beiden Teams erwarten könnt, verraten wir euch jetzt (Bild: IMAGO / Sportimage).
Kroatien hat eigentlich schon drei und nicht zwei Spiele absolviert, da Trainer Dalic in den zweiten 45 Minuten gegen Albanien die Mannschaft revolutionierte und den Grundstein für die Herausforderung gegen Italien gelegt hat.
Jetzt kommt das Gute oder das Schlechte für die Nationalmannschaft von Luciano Spalletti. Das erste Spiel gegen Albanien war ein Gutes, auf dem man hätte aufbauen können. Das zweite war leider eine Qual für 75 Minuten, in der die Squadra Azzurra von Spanien trotz eines knappen Ergebnisses gedemütigt wurde.
Wie immer liegt die Wahrheit in der Mitte, denn die italienische Nationalmannschaft ist leicht über dem Durchschnitt, nicht auf dem Niveau der besten fünf bis sechs, aber auch nicht unfähig, den anderen weh zu tun. Heute Abend treffen die Azzurri im entscheidenden Spiel um den Einzug ins Achtelfinale auf Kroatien.
Welche Mannschaft ist Kroatien?
Kroatien ist genau in unserer Gruppe, hat aber ganz andere Probleme als wir. Während wir jung sind, keine internationale Erfahrung haben, in bestimmten Momenten des Spiels nicht konzentriert sind und auch Schwierigkeiten haben, diese Momente zu lesen, ist Kroatien in all dem hervorragend, hat aber im Gegensatz zu uns nicht mehr die Energie der Vergangenheit.
Einige Akteure stehen kurz vor ihrem Karriereende und spielen, wenn sie auf eine bestimmte Art und Weise aufgestellt sind, einen Fußball, der an die Spielweise einer „Altherren-Mannschaft“ erinnert. Zudem halten sie nicht 90 Minuten bei hoher Intensität durch, was der späte Ausgleich der Albaner demontrierte.
In dieser Partie werden zwei gegnerische Mannschaften aufeinander treffen, die sich auch in ihrer taktischen Ausrichtung unterscheiden könnten. Das Problem für uns besteht darin, zu verstehen, auf welches Kroatien wir treffen werden, denn Dalics Team hat viele Gesichter.
Spanien steht bereits als Gruppensieger fest, die besten Chancen auf Platz zwei hat Italien. Aber auch Albanien und Kroatien können noch weiterkommen. https://t.co/Zc3B2eqVz9 #EM2024 #EURO2024 #Italien
— Sportschau (@sportschau) June 24, 2024
Wie Kroatien bei der Europameisterschaft gegen Spanien spielte
Im Auftaktspiel gegen Spanien nahm Kroatien buchstäblich das, was es in den letzten zwei Jahren gemacht hatte, und brachte es wieder auf den Platz. Die gewählte Formation war das 4-3-3, mit Gvardiol auf der linken Seite (unter Guardiola bei Manchester City eine Dreierabwehrformation gewöhnt), mit den beiden Innenverteidigern Pongracic und Sutalo, die sofort in Schwierigkeiten gerieten, da sie auch aus dem Mittelfeld aufgrund konditioneller Defizite von Modric (38) und Brozovic (31) nicht gut unterstützt wurden.
Der Angriff war genau das, was Dalic in den letzten Jahren oft eingesetzt hat: ein Mittelstürmer mit Budimir, ein reiner zweiter Stürmer wie Kramaric, der aber auf der Außenbahn beginnt, und ein Linksfuß auf dem rechten Flügel (Majer).
Kroatien spielte in einigen Phasen des Spiels auch wirklich gut, sie waren Spanien in Bezug auf den prozentualen Ballbesitz überlegen, und kreierte sich im Gegensatz zu den Italienern auch einige vielversprechende Torchancen. Doch sobald die Spanier das Tempo erhöhten, hatten die Kroaten defensiv massive Probleme und verloren am Ende die Partie mit 0:3.
Änderungen gegen Albanien - Dalic experimentiert
Nach dieser Lektion, unter der auch wir einige Tage später zu leiden hatten, stellte Kroatien um und spielte in der ersten Halbzeit gegen Albanien mit einer Dreierabwehrkette, in der Juranovic als rechter Außenverteidiger spielte und Gvardiol auf der anderen Seite in seine angestammte Rolle zurückkehrte, während Perisic als linker Schienenspieler auflief und im Angriff Petkovic anstelle von Budimir auflief, um mehr Dynamik zu haben und weniger Anspielstationen zu bieten.
Die ersten 45 Minuten verliefen noch schlechter als die 90 gegen Spanien, alles schien im kroatischen Spiel blockiert zu sein und Albanien ging mit einem Tor Vorsprung (es hätte auch mehr sein können) in die Kabine. Die Fans waren sichtlich entsetzt über die Leistung ihrer Nationalmannschaft.
Als Kroatien in der zweiten Halbzeit auf das Spielfeld zurückkehrte, gab es einige wesentliche Änderungen. Die erste und entscheidendste war Brozovic und Majer aus dem Spiel zu nehmen, und Modric als Regista anstelle von Brozovic aufzustellen. Kovacic ließ er ins Zentrum rücken und von diesem Moment an mussten alle Bälle durch seine Füße laufen.
Er ließ Sucic und Pasalic neben Petkovic und Kramaric spielen und brachte so mehr Kreativität ins Spiel. Modric machte zwar einen unauffälligen aber guten Job, Kovacic erwies sich in großartiger Form und Kroatien drehte das Spiel in eine 2:1 in Führung, musste aber dann am Ende noch den späten Ausgleich aufgrund konditioneller Probleme hinnehmen.
Mit großer Vorfreude fiebern wir dem heutigen Spiel gegen #Italien in #Leipzig entgegen.
— Kroatien in Deutschland (@KroBotschaft) June 24, 2024
Anpfiff ist heute Abend um 21:00 Uhr.
Auf geht's #Vatreni! 🇭🇷❤🔥#CROITA pic.twitter.com/hXI9pMpLsL
Kroatiens mögliche Aufstellung gegen Italien
Wie wird die kroatische Auswahl nun gegen uns spielen? Dalic wird auf jeden Fall das Beste aus der letzten Halbzeit gegen Albanien mitnehmen, nämlich die Dreierabwehr, Kovacic im Zentrum und Sucic als zusätzlichen Spielgestalter. Allerdings ist es nicht möglich, mit allen Offensivspielern zu spielen, die er in der zweiten Halbzeit gegen Albanien eingesetzt hat, so dass man sich einen Zwei-Mann-Angriff mit Sucic selbst als hängende Spitze vorstellen könnte.
Dalic betonte, er wisse, wie er Italien wehtun könne, und das ist sicher, aber wie können wir ihnen begegnen? Zunächst einmal mit Einstellung, Mut und Bereitschaft, ein intensives Spiel anzunehmen. Sie sind keine blitzschnellen Konterspieler wie die Spanier, also wird Spalletti mehr wagen können, ohne die Angst zu haben, eiskalt ausgekontert zu werden.
Zudem brauchen wir auch einen Mittelstürmer, der es versteht, mit seinem Körper Räume zu schaffen, und den Kampf anzunehmen. Scamacca hat zwar die Physis, aber präsentierte sich bisher wie ein Lämmchen. Unter Gasperini agiert er allerdings auch nie als alleinige Spitze, sondern hat einen zweiten Mann mit De Ketelaere im Zentrum der ihn hängend unterstützt.
Retegui könnte da Abhilfe schaffen. Dieser zeigte bereits in der Qualifikation, dass er vor dem Tor eiskalt ist. Ein Kontakt, Abschluss, ein Kontakt, Abschluss! Retegui fackelt nicht lang, hat extrem gute Läufe und weiß genau wo das Tor steht. Seine Torausbeute für die Azzurri ist wesentlich besser als die seines Pendants, daher würde es nicht überraschen, wenn der Gaucho heute den Vorzug kriegen sollte.
Wie stark ist Italien wirklich? 🇮🇹😱 Heute Abend gibts ein kleines Endspiel für die Squadra Azzurra gegen Kroatien. 💥#CROITA #euro2024 #handsofgod pic.twitter.com/YxD0ZOTe3R
— HANDS OF GOD (@hands__of__god) June 24, 2024
Doch lieber mit Dreierkette?
Meiner Meinung nach sollte Spalletti mit einer Dreierkette verteidigen, da die Mannschaft hauptsächlich aus einem Inter-Block besteht und es diesen Akteuren entgegen kommen würde, wenn sie in ihren besten Positionen auflaufen. Bastoni fühlt sich genauso wie Di Marco sichtlich unwohl in einer Viererkette. Darmian für Di Lorenzo, welcher seit einem Jahr bei Neapel außer Form ist, würde Bastoni ebenfalls entgegenkommen, da beide als Teamkollegen bereits eingespielt sind.
Ein 3-5-2 mit Di Marco und Darmian auf den Außen, Bastoni in der Innenverteidigung, Frattesi als Achter zusammen mit Barella würde also gleich fünf Akteuren, quasi der halben Mannschaft ungemein entgegenkommen, so dass diese sofort „performen“ könnten. Doch im derzeitigen System, müssen zu viele Spieler Kompromisse eingehen und in der Nationalmannschaft hast du nicht die Zeit eines Vereinstrainers!
Buongiorno und Scamacca sind das System ebenfalls gewöhnt, so dass am Ende nur Calafiori, Jorginho und die zweite Spitze eventuell adaptieren müssten. Spalletti muss das erkennen und nun handeln, bevor es zu spät ist. Defensiv würde man sicherlich kompakter agieren, als bisher. Auch wenn wir nur ein Gegentor gegen die Spanier gefangen haben, hätten es weitaus mehr sein können. Donnarumma sei Dank, dass es nur bei einem Treffer geblieben ist.
Fazit
Beide Teams stecken grade in einem Generationswechsel. Italien ist in diesem schon ein Schritt weiter, dafür aber auch etwas grüner hinter den Ohren. Die Mannschaft von Spalletti kommt mit mehr jugendlichen Elan und Ausdauer, die Kroaten mit Erfahrung und Qualität.
Es wird eine Partie auf Augenhöhe in der alles passieren kann. Ich tippe auf ein Unentschieden, da die Italiener meistens nur so hoch springen wie sie müssen, und ich bei aller Kritik trotzdem mehr von Trainer Spalletti als von Dalic halte.