Jeder kennt sie, manche verurteilen sie, manche schütteln über sie den Kopf, aber irgendwo lieben wir sie doch alle. Fußballer, die nicht so sind, wie die anderen - Fußballer, die nicht so wirken, als wären sie von ihren Eltern schon von dem Moment in die Medienschulung geschickt wurden, wo sie das erste Mal „Papa“ plärren konnten – Fußballer, für die ihr Ernährungsplan nicht immer das war, was für Papst Franziskus die 10 Gebote oder für Karl Lauterbach das COVID-19-Hygiene-Konzept waren- sprich Fußballer, die in ihrem Leben vor allem eins geblieben sind: Menschen. Menschen, die sich auf und neben dem Platz dann eben auch mal den ein oder anderen kleineren (oder größeren) Fehltritt erlaubt haben.
Umso schöner ist es, dass grade die Bundesliga einige der besten und prominentesten Badboys im Fußball hervorgebracht hat. Hier meine ganz persönliche Top 10, natürlich mit einem Augenzwinkern und ohne persönliche Wertung. (Bild: IMAGO / Team 2)
Platz 10: Marko Arnautovic
Ohne „aus einer Ameise einen Elefanten machen zu wollen“, wie der gute Mann sagen würde, muss der zehnte Platz definitiv an einen Spieler aus unserem südöstlichen Nachbarland gehen. Dieser österreichische Stürmer hat nämlich nicht nur dieses wundervolle Zitat kreiert, von ihm stammt auch seine einst herzerquickend-romantisch formulierte Liebeserklärung einem Verkehrspolizisten gegenüber: „Leck mich am Arsch, ich kann dein Leben kaufen. Wag es nicht, mich anzuzeigen. Ich hab so viel Geld, ich bin was besseres als du“. Nun immerhin schenkte er dem Polizisten daraufhin als Wiedergutmachung zwei VIP-Karten für ein Länderspiel der Österreicher gegen die Türkei. Wer es sich halt leisten kann.
Wunderbar unfreiwillig komisch war auch seine Aussage „Ich habe in meinem Leben stets immer das gemacht, was in meinem Kopf war. Und genau das war mein Fehler“. Tja, wie schon der gute Nietzsche sagte: Erst kommt das „Es“, dann das „Ich“ und eben ganz ganz ganz am Ende dann irgendwann auch mal das „Über-Ich“. Oder war es doch umgekehrt?
Doch was für eine Freude für alle Bundesliga-Fans, dass eben genau jener Urvater literarisch-hochwertiger Rhetorik tatsächlich mal in der Bundesliga auflief, nämlich von 2010-2013 für Werder Bremen. Dass seine Interviews, wie auch seine Club-Eskapaden, zum Beispiel wildfremden Frauen ungefragt Champagner in den Ausschnitt zu schütten, nicht selten auch mal zu Suspendierungen führten, beweist nur einmal wieder, dass zu einem wahren Künstler eben auch ein Exzentriker gehört.
BREAKING: Marko Arnautovic has been banned for Austria’s match vs. the Netherlands for 'insulting another player' after scoring against North Macedonia pic.twitter.com/dZjO9GW7Yd
— B/R Football (@brfootball) June 16, 2021
Das Schöne ist: Als einzigen Spieler dieser Top 10 darf man Marko Arnautovic nach wie vor im europäischen Top-Fußball bewundern, nämlich bei Inter Mailand mit dem er kurz davor ist, das zweite Mal die Champions League zu gewinnen, wobei bei seinem ersten CL-Triumph mit den Nerazzurri 2010 eher der Satz zutrifft „Er hat während dieser Saison in Mailand gelebt“.
Natürlich würde dieser Titel die Karriere der österreichischen Sturmlegende noch einmal die Krone aufsetzen, wenn da nicht der natürlich noch weitaus prestigeträchtigere Titel wäre: Der wohlverdiente Platz in der Kickfieber-Top-10 der größten Bundesliga-Bad-Boys aller Zeiten. Nur die Harten kommen eben in den Garten.
Platz 9: Oliver Kahn
Definitiv muss aber natürlich auch ER mit drin sein: ER – Der einzig wahre Titan. Schon alleine die Tatsache, dass er sich diesen Namen verdient hat ohne mit wabbelnder „Nora“-Herzchenkette Songs wie „Cheri Cheri Lady“ in ein Mikrofon zu plärren, einen 308 GTS Ferrari als „Nuttenschüssel“ zu bezeichnen oder als Vorsitzender von so prestigeträchtigen Wettbewerben wie „Deutschland Sucht Den Superstar“ Weisheiten wie „wenn du auf einem Berg stehst und rufst ‚Hallo, Echo‘ dann kommt kein Echo, denn auch Echos haben Geschmack“ zum Besten zu geben, verdient schon einen Platz in dieser Top 10.
Und wenn, wie nach seiner Entlassung als Vorstandschef beim FC Bayern, die Fassade des geläuterten Hochglanz-Business-CEOs doch urplötzlich so zusammenbricht, dass man ihn seitens der Bayern nicht mit seinem Nachfolger Jan-Christian Dreeßen in einem Privatjet fliegen lassen möchte, (aus Angst vor möglichen Handgreiflichkeiten) dann sagt das mehr aus als 100.000 Paraden.
Allerdings: Für Handgreiflichkeiten wie zum Beispiel seinen Kung-Fu-Tritt gegen den heranlaufenden Dortmunder Stürmer Stephan Chapuisat, wäre wohl der Platz in einem Privatjet vielleicht doch ein bisschen knapp gewesen. Da hätte die Torwartlegende, die die deutsche Nationalmannschaft bei der WM 2002 quasi alleine ins Finale gebracht hat, sich schon auf kleinere Liebesgesten, wie dem „Am-Ohr-Beißen“ (1999 gegen Herrlich), beschränken müssen. Ob das allerdings die Entscheidung der Bayern über Oliver Kahns Zukunft verändert hatte, darüber müssen die Leser entscheiden.
Immerhin bleibt Oliver Kahn seinem Motto „weiter, immer weiter“ nach wie vor treu und widmet sich aktuell einem der spannenden Fußballprojekten, nämlich den ehemaligen französischen Champions-League-Halbfinalisten Girondins Bordeaux wieder aus der Versenkung zu retten. Dafür und für vieles mehr natürlich für immer unser größter Respekt an den Titan, der nicht nur einer der besten Torhüter aller Zeiten war, sondern vor allem eins: Ein Mann mit großen Visionen. In diesem Sinne nochmal an alle mit den Worten des Titans: „Eier! Wir! Brauchen! Eier.“ Jesus hat es schon bei seiner Wiederauferstehung gewusst.
🚨 Oliver Kahn is in talks to buy Bordeaux. 💰
— Transfer News Live (@DeadlineDayLive) January 5, 2025
The club has debts of €118m and are now in the 4th tier of French football. 🇫🇷📉
(Source: @BILD) pic.twitter.com/wb91SvpGmC
Platz 8: Thorsten Legat
Nach Eiern muss man bei Thorsten Legat wohl nicht sehr lange suchen, nach Visionen aber dann doch eher schon. Es sei denn, man bezeichnet es als Vision in seiner gesamten Profifußballerkarriere in mehr Trash-TV-Formaten aufzutreten als Tore zu schießen (TV-Formate: 49, Tore 15, Anm. d. Red.). Aber wie die Engländer schon in den 70ern zähneknirschend sagten: „Ein Spiel hat 90 Minuten und am Ende gewinnt immer der Dschungel“.
Genau wie es in Wahrheit nur eine mediengemachte Verschwörungstheorie ist, dass die Champions-League-Trophäe ein Henkelpott ist. In Wahrheit ist sie nämlich natürlich eine Krone, die man als prominenter Fußballer von schangeligen RTL-Moderatoren auf den Kopf gesetzt bekommt, wenn man sich in Shows wie „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ erfolgreich wochenlang vor einem Millionen-TV-Publikum im Dschungel von Skorpionen und Kakerlaken dort herumknabbern lässt, wo selten die Sonne scheint.
Immerhin – Thorsten Legat wurde in jenem Hochkulturformat sogar zum „Drillmaster“ auserkoren, ein Titel, wo vielleicht sogar Felix Magath kurz neugierig den Kopf gehoben hätte.
Und wenn man als Profifußballer eben ein Leben lang nur auf diese eine Trophäe hinarbeitet, ist es natürlich auch völlig verständlich, eine Horde aufdringlicher Autogrammjäger mit einem Samuraischwert zu bedrohen, um in die Schlagzeilen zu kommen, beziehungsweise, Obacht: Thorsten Legat hat es ihnen ja nur „gezeigt“! Und möglicher war die ganze Aktion ja auch nur eine Schleichwerbung für eine Theater-Neuinszenierung von „Kill Bill“ der Hauptschule Achim-Borstel und er wollte den Kindern gar nichts böses.
Gibt es fußballerisch sonst noch irgendetwas über ihn zu berichten? Nun, immerhin gewann er mit dem SV Werder Bremen 1992 den Europapokal der Pokalsieger und trainierte dort zumindest für eine Saison 2004-2005 sogar die U19. Darüber, ob in dieser Zeit eine Trillerpfeife oder ein Samuraischwert an seinem Gürtel hing, wollte uns die Vereinsführung aber leider keine Auskunft erteilen.
Wer sonst tiefer in die Welt von Thorsten Legat eintauchen möchte, dem sei insbesondere sein Bewerbungsvideos als ehrenamtlicher Leiter des Jogi-Löw-Fanclubs ans Herz gelegt, wo er mal ganz „von Mann zu Mann“ zum damaligen Bundestrainer spricht (Stichwort: „Was geht ab in deinem kleinen schwäbischen Kopf?“) Denn dieses Video ist ohne Zweifel neben der Wutrede von Giovanni Trappattoni („Was erlauben Strunz“) eines der größten Relikte der deutschen Fußballgeschichte:
Platz 7: Stefan Effenberg
Freunde der Sonne! Wie könnte eine Top 10 der größten Bundesliga-Badboys jemals irgendeine Relevanz haben, ohne dass sich „Der Tiger“ in ihr befindet? Der Mann, der es geschafft hat, nur weil er einen Stinkefinger in Richtung Fans gezeigt hat, mitten während einer WM nach Hause geschickt zu werden, so wie ein böser Junge, dem man auf einer Klassenfahrt eines streng-katholischen Gymnasiums nachts bei den Mädchen erwischt hat. Ob es da nicht dann doch das weitaus gravierendere Strafdelikt war, den SC Paderborn als „den sexysten Verein Deutschlands“ zu bezeichnen?
BREAKING: Stefan Effenberg ist neuer Trainer beim SC Paderborn. Vertrag bis 2017. #ssnhd pic.twitter.com/Bbx6C0TDHF
— Sky Sport News (@SkySportNews) October 13, 2015
Wie dem auch sei, zumindest musste niemand für diese Aussage 3 Euro ins Phrasenschwein des Doppelpasses zahlen. In dieser wundervollen Sonntagmorgen-Fußballunterhaltungssendung von Sport 1 sitzt „Uns Effe“ nämlich mittlerweile Woche für Woche mit seinen gegelten Haaren und achtet (wenn er nicht grade selbst mit Weisheiten wie „Influencer sind keine Experten“ um die Ecke kommt) mit akribischer Genauigkeit darauf, dass selbst der noch so arrivierte Sportmanager das Schweinchen mit seinem Klimpergeld füllen muss, wenn er sich zur Untermauerung seiner analytisch-psychologischen Ausführungen zu Sätzen wie „Am Ende fängt in einem Fußballspiel oft der frühe Wurm den Vogel“, „wir spielen von Gedanken zu Gedanken“, „die Lüge kennt keine Tabellen“ oder „das Gesetz hat eben seine eigene Pokale“ hinreißen lässt. Nun, ist ja immerhin alles für einen guten Zweck.
Und wer dann noch den Rekord der meisten gelben Karten der Bundesligageschichte einheimst plus mit 2,2 Promille (natürlich auf Kosten seines Führerscheins) nach einem Oktoberfestbesuch noch ein bisschen mit dem Auto durch München cruised, wie auch mit den Bayern nicht nur die Champions League gewinnt (2001), sondern im Finale sogar noch als Kapitän das entscheidende Tor schießt, der muss natürlich in dieser Liste landen.
Platz 6: Kevin Großkreutz
Für kaum einen Spieler aus dieser Liste mag das Attribut „Bad Boy“ zunächst so befremdlich klingen, wie für den freundlichen Ex-Dortmunder, der mit seiner luftigen Stimme in Interviews eher wirkt wie ein verpeilter Soziologie-Student aus Villingen-Schwenningen. Aber verpeilte Studenten sind ja bekanntlich oft die Schlimmsten. Denn Achtung an alle Berlin Prenz’l-Berg-Hippies mit E-Bike und Club-Marthe-Aufkleber: Ja, man kann auch „aus Versehen“ ein „Bad Boy“ sein. Und zwar dann, wenn man, wie im Falle Großkreutz, meint, nur dann scheiße zu bauen, wenn es keiner sieht, es aber eben am Ende doch alle sehen.
So wie zum Beispiel nachts nach einem Länderspiel mit der Nationalmannschaft inmitten einer Hotellobby seinen Dödel rauszuholen und gegen eine Palme zu pinkeln. Aber welcher Idiot pflanzt auch einen Baum mitten in eine Hotellobby? Da ist es doch logisch, dass wenn die arme Pflanze schon keine Sonne und keinen Regen abkriegt, es doch wenigstens der Urin von Kevin Großkreutz sein muss.
Ebensowenig kann man ja wohl irgendeinem Spieler einen Vorwurf machen, der seine Einwürfe auch mal außerhalb des Fußballfelds trainiert: Zum Beispiel in einem Dönerladen, wo man statt eines Balles doch auch auch mal einen Döner als Wurfgeschoss benutzen kann. Allerdings: Heißt die Sportart, wo es darum geht, mit einem Ball andere abzuwerfen, nicht eigentlich Völkerball und nicht Fußball?
Nun, immerhin wurde dank dieses „vorsätzlichen Attentats“ seitens der Dortmund-Legende der daraufhin vom (ausgerechnet) Ex-Schalker Julian Draxler während der WM-2014-Siegesfeier angestimmte Song „Großkreutz, rück den Döner raus“ einen ganzen Sommer lang zu Deutschlands beliebtestem Smash-Hit.
Dies hatte zur Folge, dass Kompositionsprofessoren sämtlicher deutscher Musikhochschulen ganze Bücher darüber schrieben, welche tiefalteriert-neapolitanische Sechstakkordharmoniefolge dieses Kunstwerk zu einem solchen Meilenstein deutschen Kulturguts machen konnte. 400 Jahre Harmonielehre und Kontrapunkt wurden auf einmal hinterfragt. Und dann war es am Ende doch nur der Döner von Kevin Großkreutz.
Da fragt man sich schon, warum Großkreutz eigentlich noch nie als BVB-Trainer gehandelt wurden? Was der Sahin kann, kann der Großkreutz ja wohl auch, oder? Und generell könnte sich der BVB nach all den Jahren doch wirklich mal wieder etwas mehr Mühe geben, wenn es darum geht, ehemalige Spieler in den Verein mit einzubinden. Es könnte ja sonst die Gefahr bestehen, dass es noch irgendeinen Ticketverkäufer auf dem BVB-Gelände gibt, der keine Borussia-Vergangenheit hat.
Und wen nicht einstellen, wenn nicht einen Spieler, der Borussia Dortmund zu zwei Meisterschaften plus einem Champions-League-Finale hintereinander verhalf und für immer einer der größten Dortmund-Legenden bleiben wird.
kleiner reminder dass kevin großkreutz weltmeister ist pic.twitter.com/mY2LrdL4Dj
— BENE MACHT PROBLEME 🔱🦅 (@chenillelaville) August 7, 2024
Platz 5: Max Kruse
Eine Legende der Bundesliga wird auch er bleiben. Was auch sonst, wenn man es schafft, 75.000 Euro in einem Taxi zu verlieren, den in Dortmund mittlerweile heilig gesprochenen Niko Kovac öffentlich als „asozial“ zu bezeichnen, nachdem dieser ihn morgens um sieben pennend und mit aufgefuttertem Burger-King-Maxi-Menu in der Umkleide erwischt hat, und in der Bundesliga öfters den Verein zu wechseln als der altehrwürdige FC Schalke 04 in den letzten zehn Jahren seinen Trainer.
Zumindest aber eines sollte jeder aktuelle und künftige deutsche Nationalspieler vom Poker- und Lamborgini-Liebhaber gelernt haben: Wenn man sich schon heimlich leichtbekleidete Damen am Abend vor einem Länderspiel in sein Hotelzimmer bestellt, sollte man sie vielleicht nicht auch noch vorher mit dem selben Aufzug wie den DFB-Direktor fahren lassen. Das könnte dann nämlich doch auffallen. „Auffallen“ wäre sonst bei Max Kruse klar das Stichwort. Denn wohingegen andere „Badboys“ zumeist dann doch eher danach trachteten, ihre „Missetaten“ unauffällig zu begehen, tat Max Kruse stets das Gegenteil.
So wie zum Beispiel, als er nach einer völlig ausgearteten LAN-Party mitten in der Nacht seine Wohnung, die in etwa den Zustand von Dresden 1945 hatte, nicht nur auf Instagram postete, sondern dies auch noch mit den Worten „morgen früh ist Training:)“ tat. Es sollen ja schließlich auch alle sehen, wie sich ein Profifußballer zu benehmen hat, Stichwort Vorbildfunktion. Macht Sinn.
Allerdings zeigte sich Max Kruse stets reuevoll und lernfähig, so zum Beispiel als er nach einem Video, wo er unter seinem Künsternamen „MC Max“ über wilde Sexorgien mit Escort-Damen rappte, den Skandal gegenüber der Presse nur trocken mit den Worten „bei solchen Dingen lernt man eben“ heruntermoderierte. Ääähm, bei welchen Dingen jetzt genau, Max? Schade, dass ihn der DFB schlussendlich auf Lebenszeit von der Nationalmannschaft ausschloss, als einige Zeit später ein Video viral ging, welches Max Kruse halbnackt und mit erigiertem Penis zeigte. Aber für einen Platz in der Top 5 dieser Badboy-Hall-Of-Fame muss man eben auch mal Opfer bringen. Ganz nach dem Lebensmotto des Mittelstürmers: Alles für den Fame.
Platz 4: Mario Basler
Und war nicht früher eigentlich sowieso alles besser? Laut der Ansicht des Mannes mit der tiefen Kettenraucherstimme definitiv: „Da sind wir als Spieler vor dem Spiel noch nachts um die Häuser gezogen, haben Kippen geraucht und Bier getrunken und niemand hat was gesagt“. Diese und ähnliche Aussagen kennt wohl ganz Fußballdeutschland zur Genüge von eben jenem Herren, dessen Sprüche und Zitate ganze Bücher füllen könnten - von „ich war nicht nur froh, ein Tor geschossen zu haben, sondern auch, dass der Ball reinging“ bis „Nachwuchsleistungszentren? So was gab’s bei uns gar nicht. Und wenn, dann wäre ich da ausgebrochen Tag und Nacht“.
Was Mario Basler dabei bis heute wie kein anderer versteht, ist die Rebellen-Sehnsüchte des kleinen Mannes zu befrieden, und das mit einem nahezu genialem Image-Control, welches außer ihm höchstens noch Zlatan Ibrahimovic in dieser Weise beherrscht, und womit er sich im Laufe der Jahrzehnte selbst zu jener Kultfigur machte für die ihn der Boulevard feiert.
Ein wenig befremdlich kommt es nur bisweilen daher, wenn ausgerechnet der Mann, der als Spieler vor dem Spiel besoffen auf der Massagebank einschlief, wie auch gefühlt jede Woche in irgendwelche Kneipenschlägereien verwickelt war, auf einmal zum Gralshüters des Knigge’s wird und Antonio Rüdiger nicht nur erklärt, wie man sich als Profi zu benehmen hat, sondern zuzüglich öffentlich fordert, man müsse ein Exempel statuieren und der Verteidiger dürfe aufgrund seiner Schiedsrichterbeleidigungen nie wieder für die Nationalmannschaft auflaufen.
Aber vielleicht gehört auch das zur Mario-Basler-Badboy-Schule dazu: Die Konkurrenz immer möglichst klein zu halten und wenn es die Konkurrenz um den größten Bundesliga-Badboy aller Zeiten ist. Apropros Badboy-Schule: Wer immer Mario Basler persönlich begegnen sollte, der erwähne vor ihm niemals das Wort „Belastungssteuerung“. „Belastungssteuerung, dafür muss man doch erst mal belasten. Wenn ich davon höre, wie heutzutage Spieler über Belastungssteuerung rumheulen, da krieg ich die Krise. Die sollen rennen für ihr Geld und nicht rumheulen, wenn ihnen irgendwo das Knie zwickt“. Oder so wie Rodri nach gefühlt 365 Spielen im Jahr ihren Ballon d’or am Ende auf Krücken entgegen nehmen müssen?
Nun – um die Bayern- und Werder-Bremen-Legende noch ein letztes Mal zu zitieren: „Jede Seite hat eben zwei Medaillen“.
Platz 3: Jens Lehmann
Nun aber kommen wir zu den wirklichen Härtefällen: Den Spielern, wo Tante Waltraud aus Kleintriebsdorf ihren Hund lieber nicht alleine nachts auf die Straße lassen möchte - zu den Bad Boys der wirklich bösen Sorte, so böse, dass sie man sie in Hogwarts doch glatt nach Slytherin verfrachtet hätte, so sehr steckte die Blutrunst und Bösartigkeit doch schon seit ihrer Geburt in ihnen.
Ob man dies über Jens Lehmann sagen kann: Wohl eher nicht. Denn wenn jemand mit einer Kettensäge den Dachbalken seines Nachbarn ansägt, sich in Parkhäusern stets Millimeter hinter seine Vordermänner heftet, um die Schranke und damit die drei Euro Parkgebühr zu umgehen und schließlich zum Thema Ilkay Gündogan und deutsche Nationalmannschaft nur sagt: „Naja, bei ihm ist das vielleicht was anderes, immerhin kann er ja ganz gut deutsch“ (Ilkay Gündogan wurde 1990 in Gelsenkirchen geboren, Anm. der Red.). Da fragt man sich dann schon, ob hier nicht vielleicht ein anderes Adjektiv angebrachter wäre.
Worüber es aber keine Diskussion gibt, ist dass - trotz grade politisch oft fragwürdiger Ansichten – Jens Lehmann oder „Mad Jens“, wie man ihn in England nennt, zweifelsfrei einer der besten Torhüter der neueren deutschen Geschichte war. Da kann man dann auch mal unerlaubt in der Halbzeit nach Hause fahren, wenn einen der Trainer auswechselt, logisch. Allerdings: Trotz Aktionen wie einem Fan die Brille wegzunehmen oder Spielern wie Stefan Effenberg und anderen die Krone der meisten Trunkenheitsfahrten eines Profifußballers wegzunehmen, ist auffällig, dass sich Jens Lehmann (im Gegensatz zu einem anderen bereits genannten Torwart) auf dem Platz nur selten was zu Schulden kommen ließ. Nun, der eine lässt es da raus, der andere dort.
Platz 2: Tim Wiese
Warum sind Torhüter grade in Deutschland eigentlich so weit oben, wenn es um den Platz des größten Badboys der Bundesligageschichte geht? Vielleicht weil Keeper in einem Fußballspiel häufig Einzelgänger sind auf denen zuzüglich noch der meiste Druck lastet? Denn auch die Silbermedaille geht an einen Torhüter, allerdings hatte dieser mit Weltmeisterschaften und Welttorhütertrophäen nur wenig zu tun. Dafür war er möglicherweise auch viel zu sehr Wrestler und Kraftsportler, die Rede ist natürlich von Tim Wiese.
Wo fangen wir hier an? Mit Videoaufnahmen, die den Ex-Bremer bei einer Clan-Schießerei in einem Berliner Blog zeigen – oder doch mit einem Gesichtstritt gegen Ivica Olic, welches ohne Zweifel eines der bösesten und härtesten Fouls der Bundesligageschichte war und sogar vom sonst so hartgesottenen „Kaiser“ Franz Beckenbauer als „Mordversuch“ bezeichnet wurde? Charmant auch, wie er einer Politesse, die ihn beim falsch parken aufschreiben wollte, einen riesigen Stapel Hunnis vor die Füße pfefferte mit den Worten „Nimm das, du H****". Da bekommt man doch Leuchten in den Augen bei so viel charmanter Bescheidenheit.
Was Tim Wiese ansonsten wie kein anderer schaffte, war, sich immer und stets mit genau den Themen unbeliebt zu machen, mit denen man sich in Deutschland insbesondere medial am besten unbeliebt machen kann: Kontakte ins rechte Milieu mit darauffolgendem Stadionverbot im Stadion seines Ex-Vereins Werder Bremen, Missachtung von Corona-Maßnahmen plus anschließendem Rauswurf von der Security aus der VIP-Lounge: Da fehlt eigentlich nur noch ein Video, bei dem er im Alice-Weidel-Shirt und Hitler-war-ein-Linker-Plakat vor dem Reichstag Wärmepumpen verbrennt und dabei „Solidarität für Putin“ brüllt.
Nun ja, vielleicht hätte man ihn ja auch einfach mal zur politischen Läuterung mit nach Katar mitnehmen müssen, als es darum ging mit der „One-Love“-Binde als DFB-Team mal so richtig Farbe zu bekennen? Ein Versuch wäre es zumindest wert gewesen, und Hand aufs Herz: Viel schlechter hätte die deutsche Nationalmannschaft dort auch mit ihm als Nr.1-Torhüter nicht abschneiden können.
Platz 1: Nicklas Bendtner
Nun aber zu einzig wahren Nummer eins, dem einzigen verdienten Gewinner des wahren Henkelpotts, der Dschungelkrone um den (!) größten Badboy der Bundesligageschichte. Und diese muss natürlich an ihn gehen – dem einzig wahren Lord – der Kreuzung aus Lord Voldemort und Sauron der Fußballwelt.
Dessen Fehltritte lesen sich nämlich schon beinahe wie in einem schlechten Mafia-Roman. Zwischen komplett wahnsinnig, Kultspieler, Exzesslöwe und Fußballlegende bedeckt er das komplette Spektrum an Badboyismus. Welches Wort soll man sonst verwenden, wenn jemand halbnackt und völlig betrunken hinter einem Taxi herläuft, dabei Onanierbewegungen macht und das Fahrzeug währenddessen mit einem Ledergürtel „auspeitscht“? Dass ein aktiver Spieler kurz danach aufgrund einer weiteren ausartenden Alkoholfahrt, die in einem fulminanten Wettrennen mit der Polizei mündete, sogar eine Fußfessel tragen musste: Das war nicht nur in der Bundesliga, sondern sogar im Weltfußball einmalig.
Auch bei der EM 2012 zeigte sich der Däne von seiner allerbesten Sorte, als er während eines Jubels sein Trikot entblößte und den Fans seine Unterbutze zeigte, auf der zuzüglich noch der Werbeschriftzug einer so mäßig-seriösen irischen Wettfirma zu sehen war. Allerdings zeigte sich Lord Bendtner gegenüber der Frauenwelt stets sehr spendabel: Als er zum Beispiel von einer Frau, die er aus Versehen bei einer Party geschwängert hatte, die Bitte erhielt, ihr dafür neue Brüste zu bezahlen, kam „Der Lord“ der Bitte um diese großzügige Spende widerstandslos nach. Auch, was seinen Körper anging, zeigte er sich wider Erwarten äußerst professionell. So zum Beispiel als er mit 50 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung seinen Aston Martin zu Schrott fuhr, sich dann aber, statt erst einmal die Polizei zu rufen, auf offener Straße splitternackt auszog, um seinen Körper nach Verletzungen zu untersuchen.
Neben all seinen Eskapaden geht jedoch oft unter, dass der Stürmer, der von 2014-2016 für denVFL Wolfsburg spielte, eigentlich ein hochtalentierter Fußballer war und vielleicht einer der größten „What If“s der Fußballgeschichte ist. Gegen den FC Porto gelang Nicklas Bendtner zum Beispiel als erster Däne in der Champions League ein Hattrick, wie auch in der Premier League das schnellste Tor der Geschichte (1.8 Sekunden). Genie und Wahnsinn liegen dann eben doch oft nah beieinander.